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Beitrag vom 09.09.2016

Badische Zeitung

Wahl in Gabun wurde offensichtlich gefälscht

Verlierer Jean Ping ruft vergeblich um Hilfe, weil er früher als AU-Funktionär selbst Manipulationen in anderen Ländern duldete.

JOHANNESBURG. Jean Ping muss einem eigentlich leid tun. Der 73-jährige Kandidat der Präsidentschaftswahlen im zentralafrikanischen Erdölstaat Gabun wurde dermaßen offensichtlich um seinen Sieg betrogen, dass selbst vorsichtige Wahlbeobachter ausnahmsweise mal die rote Flagge hoben. Die EU-Mission sprach von einer "klaren Anomalie", die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Abstimmungsergebnisse aufkommen lasse. Am Donnerstagabend gab Ping bekannt, dass er das Verfassungsgericht anrufen will. Er fordert, die Wahl neu auszählen zu lassen.

Sie verwies auf den Umstand, dass in der Heimatregion des amtierenden Präsidenten Ali Bongo 99,93 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung zur Abstimmung gegangen sein sollen, von denen offenbar 95 Prozent für Ali Bongo votierten. Letzteres ist unter afrikanischen Verhältnissen, in denen die ethnische Zugehörigkeit eine große Rolle spielt, durchaus vorstellbar. Doch nahezu 100 Prozent der Bevölkerung am Wahltag auf die Beine zu bringen, ist angesichts verreister, erkrankter, mittlerweile verstorbener oder schlicht lustloser Wähler praktisch ausgeschlossen. Vor allem, da sich die Wahlbeteiligung in den anderen Regionen des Kleinstaats nur auf durchschnittliche 60 Prozent belief. Die "Anomalie" ist insofern entscheidend, als das Ergebnis der Abstimmung vom 28. August denkbar knapp ausfiel: Präsident Bongo soll nur gut fünftausend Stimmen mehr als sein Herausforderer Ping erhalten haben.

Warum sich das Mitgefühl mit dem Sohn eines chinesischen Händlers und einer gabunischen Häuptlingstochter dennoch in Grenzen hält, hängt mit dem Umstand zusammen, dass Jean Ping noch bis vor vier Jahren als Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU) amtierte. Als solcher war er maßgeblich daran beteiligt, dass Wahlen des Kontinents schamlos manipuliert werden konnten, ohne dass der Staatenbund Einhalt geboten hätte.

In Pings Amtszeit fiel etwa die Wahl in Simbabwe 2008, bei der die Schlägertruppen von Präsident Robert Mugabe Oppositionsmitglieder so lange blutig schlugen, bis deren Kandidat Morgan Tsvangirai schließlich entsetzt das Handtuch warf. Von Kommissionspräsident Ping war damals nichts zu hören, und Mugabe blieb ein umjubeltes Mitglied im Staatenbund. Kaum anders zwei Jahre später die Wahlen im Sudan, die der vor dem Haager Strafgerichtshof angeklagte Omar al-Baschir für sich zu entscheiden wusste. Während Oppositionsparteien die Wahl als "massiv manipuliert" und von Gewalttaten begleitet zurückwiesen, pries ihn eine Beobachtermission der AU als "historische Wahl, die der Mehrheit der Sudanesen die Möglichkeit zur Ausübung ihres zivilen und demokratischen Rechts gegeben hat". Der Chef der Beobachtermission: Jean Ping.

Heute beschwört der betrogene Präsidentschaftskandidat die Welt, seinen Wahlsieg anzuerkennen. "Jeder weiß, dass ich der gewählte Präsident bin", sagte Ping, "ich bin besorgt, dass unser Land im Chaos versinkt." Tatsächlich führt sich Ali Bongo, dessen Familie schon seit einem halben Jahrhundert das Land beherrscht, nicht anders als ein Mugabe oder al-Baschir auf: Er ließ auf Protestanten schießen. Zwischen drei (Angaben der Regierung) und über hundert (Angaben der Opposition) wurden getötet, mehr als tausend Oppositionsmitglieder verhaften. Zudem wurden sämtliche Medien des Landes zum Schweigen gebracht.

Aus Protest über die gewalttätige Staatsreaktion trat der Justizminister zurück. Trotzdem macht Bongo, der nicht nur Pings Gegenspieler, sondern auch der Bruder seiner Frau ist, keine Anstalten, von der Macht zu lassen. Im Aussitzen umstrittener Wahlen hat der 57-Jährige Übung. Auch die Abstimmung nach dem Tod seines Vaters Omar Bongo endete 2009 umstritten und mit Blutvergießen.

Brüssel, Paris und Washington forderten Gabuns Regierung auf, die Stimmen erneut auszuzählen – eine Forderung, die auf taube Ohren stieß. Selbst die AU ist ausnahmsweise einmal aktiv geworden und schickt eine Delegation zur Streitschlichtung nach Libreville. Deren Chef: Idriss Déby, der im August zum fünften Mal als Präsident des Tschad vereidigt wurde – nach Wahlen, die sein Herausforderer einen "Raubüberfall" nannte.