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Beitrag vom 05.12.2015

Langenthaler Tagblatt (Schweiz)

Nigeria schreckt Investoren ab

Investoren ziehen ihr Geld aus Nigeria ab, das Wachstum bricht ein, zahlreiche Tankstellen liegen trocken. Präsident Buhari ist nicht in der Lage, eine Linie vorzugeben.

Anne Gonschorek, Kapstadt

Nigerias Wirtschaft leidet unter Präsident Muhammadu Buhari. Als Buhari im März die ersten demokratisch entschiedenen Wahlen gewann, trauten Investoren dem ehemaligen Militärführer zu, die jahrzehntelange Misswirtschaft und politische Untätigkeit im Land umkehren zu können. Diese Hoffnungen haben sich allerdings in Luft aufgelöst. «Es sollte die Regierung beunruhigen, dass die Investoren so kurz nach der anfänglichen Euphorie nun desillusioniert sind», schreibt die viel gelesene nigerianische Tageszeitung «Vanguard».

Das Geld, das in den vergangenen Monaten in den westafrikanischen Aktienmarkt floss, wird nun angesichts der schwindenden Wachstumsaussichten und des Ölpreisverfalls wieder aus dem Land geholt. Laut der Unternehmens- und Strategieberatungsfirma McKinsey & Company könnte Nigeria zwar bis 2030 zu einer der 20 grössten Wirtschaften der Welt anwachsen. Die Investoren allerdings scheinen inzwischen nur noch wenig Vertrauen zu Afrikas grösstem Ölproduzenten zu haben.

Der 72-jährige ehemalige Militärdiktator hat sich laut eigenen Aussagen in den ersten Monaten seiner Amtszeit vor allem darauf konzentriert, die tief verwurzelte Korruption aus dem nigerianischen System zu vertreiben. Diese hatte das Land seit der Unabhängigkeit von Grossbritannien 1960 fest im Griff.

Viel Zeit verloren

Buhari brauchte fünf Monate, bevor er sich für die Besetzung seiner Regierung entschied. Er hat bisher noch keinen durchsichtigen Plan aufgestellt, wie er das Wirtschaftswachstum wiederbeleben will, und unterstützte Währungskontrollen, mit denen die lokale Währung, der Naira, geschützt werden soll. Pläne für Ausgabenerhöhungen und das lange Stillschweigen über ein 1,02 Billion Naira (5,3 Milliarden Franken) hohes Bussgeld für den südafrikanischen Mobilfunkanbieter MTN taten ihr Übriges, die Investoren abzuschrecken.

Dies hat sich bereits deutlich in den Aktienmärkten gezeigt. Nigerias Leitindex hat seit dem Jahreshoch im April ganze 22 Prozent verloren. Weltweit sind nur die Börsen in der Ukraine und Ägypten stärker eingebrochen. Buhari selbst argumentiert, er habe von seinem Vorgänger leere Staatskassen und eine Bürokratie geerbt, die für den Verlust von Milliarden von Dollar in Öleinnahmen verantwortlich sein soll. Die Ernennung seiner Minister habe nur deswegen länger gedauert, weil er Zeit benötigt habe, geeignete Kandidaten zu prüfen.

Wachstum auf Rekordtief

Zusammen mit dem Einsturz der Ölpreise, die zwei Drittel der Staatseinnahmen und sogar 90 Prozent der Exporteinnahmen beeinflussen, hat diese Verzögerung allerdings grossen Schaden angerichtet. Das jährliche Wachstum, das Nigeria im vergangenen Jahrzehnt mit stetigen 6,3 Prozent immer weiter in die Höhe trug, soll dieses Jahr auf ein Rekordtief von 3,3 Prozent ­sinken.

Die Krise hat längst auch die Verbraucher erreicht. Viele Tankstellen liefen in den vergangenen Wochen trocken, weil die Regierung Benzinsubventionen für die Zulieferer zurückhielt. Während das Budget für das kommende Jahr noch abgeschlossen werden muss, kündigte Buhari laut Beobachtern bereits jetzt an, die Staatsausgaben um 56 Prozent anheben zu wollen. «Viele wissen nicht, was sie mit der ­derzeitigen Wirtschaftspolitik anfangen sollen», heisst es in «Vanguard».