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Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 06.08.2011

Südkurier

Herr Seitz, was läuft schief in Afrika?

Als deutscher Diplomat und Botschafter war Volker Seitz mehrmals in afrikanischen Ländern stationiert. In seinem Buch "Afrika wird armregiert" klagt er den Umgang der Welt mit Afrika an.
Als deutscher Diplomat und Botschafter war Volker Seitz mehrmals in afrikanischen Ländern stationiert. In seinem Buch "Afrika wird armregiert" klagt er den Umgang der Welt mit Afrika an.

Herr Seitz, haben Sie schon für die Hungernden in Somalia gespendet?

Nein, denn an Geld mangelt es derzeit nicht. Allein Deutschland hat 60 Millionen Soforthilfe für die Katastrophengebiete zugesagt. Entscheidend ist nicht die Höhe der Hilfsgelder, sondern die optimale Verwendung und die scheint mir nicht immer gesichert. Je gefühlsbetonter die Spendenaufrufe von Organisationen - die von der Hilfe leben - gestaltet sind, desto mehr Misstrauen ist angebracht. Ich kann mir vorstellen, den Flying Doctors (AMREF) noch zu spenden. Allein die Tatsache, dass von den 700 Mitarbeitern 95 Prozent von AMREF ausgebildete Afrikaner sind, zeigt, dass richtige Lösungen gefunden wurden: Afrikaner helfen Afrikanern.

Die Welt schickt seit Jahrzehnten Geld nach Afrika. Verlässt man sich darauf, dass der Westen doch irgendwie hilft?

Der Süden hat sich in der Tat an die Versorgungskultur gewöhnt. Wir haben eine Verantwortung an uns gerissen, die wir nicht tragen können. Es gibt unverändert unglaubliche Armut und Not. Gleichzeitig nimmt das Vermögen der Oberschicht oft märchenhafte Dimensionen an. Die regierenden Eliten verfügen über Dutzende von feinsten Immobilien in Europa, Kanada, USA, Hongkong und sogar Brasilien. Im teuersten Viertel von Paris heißt die Avenue Foch im afrikanischen Volksmund auch "Avenue des dictateurs" (Straße der Diktatoren).

Es gilt als politisch nicht gerade korrekt, die Probleme Afrikas zu benennen: Korruption, Intransparenz, politische Macht- und Geltungsgier....

Nehmen wir das Beispiel Uganda. Dort klaffen zwischen Worten und Taten immer noch erhebliche Lücken. Die ugandische Regierung hat während der jetzigen Hungerkrise für 740 Millionen Dollar sechs hochmoderne russische Jagdbomber gekauft. Die Zeitung "Die Presse" aus Wien zitierte am 26. Juli 2011 ugandische Journalisten, die den Kaufpreis als "korruptionsbedingt" hoch bezeichneten. Außerdem rechneten sie vor, dass mit der Kaufsumme die 23 000 Lehrer Ugandas 15 Jahre lang mit dem für sie landesüblichen Gehalt von 160 US Dollar pro Monat bezahlt werden oder - angesichts der aktuellen Hungerkrise - 1700 Kleinspitäler eingerichtet werden könnten.

Ist Ostafrikas größtes Problem also gar nicht die Dürre?

Nicht Dürre, Missernten oder Überschwemmungen sind die Hauptursachen für den Hunger. Alle Warnsignale wie die Hungerrevolten 2008 in West- und Zentralafrika haben die Regierungen und Hilfsorganisationen ignoriert. 38 afrikanische Länder haben ein Ernährungssicherungsprogramm, aber nur Ruanda hat begonnen, es in die Tat umzusetzen. Das ist so, weil die Landwirtschaft im Gegensatz zu Öl, Diamanten oder Gold nicht durch eine kleine Elite zu beherrschen ist.

Sie waren selbst lange als Botschafter und Diplomat in Afrika, wie kann dem Kontinent geholfen werden - oder muss er sich am Ende doch selbst helfen?

Es ist eine Anmaßung zu glauben, dass wir die Kompetenz haben, um die afrikanische Wirklichkeit ändern zu können. Das Problem der Rückständigkeit ist, dass in den meisten Ländern der Staat nur annährungsweise funktioniert. Demokratische Kontrolle und gerichtlicher Rechtsschutz sind unterentwickelt. Die Korruption auf höchstem Niveau ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Geberländer tun den normalen Afrikanern keinen Gefallen, wenn sie die Autokraten, die zwar auf Hilfsgelder erpicht sind, aber ihre Gewohnheiten keineswegs zu ändern beabsichtigen, immer stärker gewähren lassen. Denn die Entwicklungshilfe geht oft an den Armen vorbei. Erfolgreich ist jede Hilfe nur, wenn sie Eigendynamik auslöst. Andernfalls bleibt es bei einer dauerhaften Abhängigkeit von ausländischem Beistand.

Wie lautet Ihre Konsequenz?

Wir dürfen afrikanische Politiker aus der Verantwortung für falsches oder unterlassenes Handeln nicht entlassen. Nicht fehlende Mittel sind Grund für Unterlassungen, sondern mangelhafte Konzeption und oft mangelnder politischer Wille der Machteliten.

Die Afrikanische Union hat ihre Geberkonferenz auf den 25. August verschoben. Man lässt sich offenbar Zeit…

Leider zeigt das einmal mehr die Untätigkeit der Mitglieder der Afrikanischen Union. Ohne Gründe zu nennen wurde das Treffen auf Ende August verschoben. Die Staatschefs haben offensichtlich keine Eile ihren notleidenden Bevölkerungen zur Hilfe zu kommen.

Fragen: Margit Hufnagel