Der Diskussion zum Spiegel-Online Artikel von Kurt Gerhardt "Warum die Helfer versagen" möchte ich noch einen weiteren Aspekt hinzufügen:
Die Schwierigkeit des Umdenkens.
Zu Recht zieht Kurt Gerhardt das Fazit, dass Afrikaner sich nur aus eigener Kraft aus den fatalen Folgen bisheriger Entwicklungshilfe und dem weltweiten Netz von Hilfeagenturen befreien können.
Bevor wir also wieder neue, fragwürdige Konzepte entwickeln, fragen und hören wir doch Afrikaner zu ihrer eigenen Meinung. Dort gibt es durchaus erste richtungweisende Ansätze, die sog. "New Voices", einige herausfordernde, innovativ argumentierende Afrikaner wie James Shikwati, Andrew Mwenda, Dambisa Moyo u.a.
Unabhängig voneinander plädieren sie dafür, die Entwicklungshilfe zu stoppen, da sie zum großen Teil nur die amtierenden korrupten, kleptokratischen Regierungen unterstützt, die bedürftige Bevölkerung aber nicht erreicht - und sie so zu der fatalen Situation geführt hat, dass viele afrikanische Länder nach 50 Jahren Entwicklungshilfe wirtschaftlich schlechter dastehen als direkt nach der Unabhängigkeit.
In Interviews gefragt, was denn die Menschen in den westlichen Ländern ihrer Ansicht nach stattdessen tun sollten, gaben sie folgende Ratschläge:
D. Moyo, ehemalige Mitarbeiterin der Weltbank, Sambia:
Geldspenden an eine bestimmte NGO, die damit Mikrokredite in Entwicklungsländern vergibt. Mikrokredite, die die "kleinen Leute" und Bedürftige in die Lage versetzen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen bzw. zu verbessern.
A. Mwenda, Journalist und Verleger der Zeitung ‚The Independent', Uganda:
Seine schlichte und ergreifende Antwort: Nichts.
J. Shikwati, Ökonom und Begründer von IREN, Kenia:
Antwortete etwas moderater. Er plädiert für einen zügigen, schrittweisen Ausstieg aus der Entwicklungshilfe und Fokussierung auf Unterstützung des privatwirtschaftlichen Sektors.
Entwicklungshilfe stoppen? Kommt da nicht Empörung in uns auf? Werden nicht Arme und Kinder sterben, wenn die Hilfe nicht fortgesetzt und sogar intensiviert wird?
In einem Interview (Weltwoche 2006) hält A. Mwenda folgende Argumentation dagegen:
"Die 45 Prozent des Staatsbudgets, die zum Beispiel in Uganda durch die internationale Hilfe subventioniert werden, wären problemlos mit Steuern zu finanzieren. Die Regierung kassiert aber - und ich zitiere hier offizielle Zahlen - nur etwas mehr als die Hälfte der potenziellen Steuern ein. Was ist mit der anderen Hälfte? Die Regierung sagt, die Steuerverwaltung verfüge über eine schlechte Infrastruktur. Das mag sogar stimmen, entscheidender aber ist, dass die Reichen und politisch Mächtigen in Afrika dank Korruption keine Steuern bezahlen. So schaffen die Regierungen Abhängigkeiten und schonen ihre Günstlinge."
Offensichtlich nehmen wir uns also wichtiger, als wir sind?
Es gilt, die Herausforderung anzunehmen, dass sich auch die Menschen der westlichen Nationen ‚entwickeln' müssen - willens und innovativ zu sein im Überdenken der Sichtweise von ‚Entwicklungshilfe' .
Zum Schluss möchte ich noch kurz Ralph Sinas Kommentar vom 6.6.2010 aufgreifen.
Horst Köhler könnte auf seiner nächsten Afrikareise auch bei Patrick Awuah in Cape Coast, Ghana, vorbeischauen. Der Ghanaer hat 2002 dort das Asheshi University College gegründet und bildet seitdem Führungskräfte aus, die auch in westlichen Ländern begehrt sind. Also eine weitere, rein afrikanische Initiative.
Wie sich die Absolventen dieser Universität später im Wirtschafts- und Politikleben dann jedoch bewähren, ob sie "anders agieren", bleibt dahingestellt.
Aber sind denn die Politiker und Führungskräfte in der westlichen Welt wirklich ‚so anders'? Sind deren Entscheidungen nicht auch eher von kurzfristigem Machterhalt geleitet als von langfristigen, auf das Wohl der Bevölkerung ausgerichteten Aktionen?
Spätestens die weltweite Finanzkrise lässt daran zweifeln.
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lun, 7 Jun 2010 - 19:00
Der Diskussion zum Spiegel-Online Artikel von Kurt Gerhardt "Warum die Helfer versagen" möchte ich noch einen weiteren Aspekt hinzufügen:
Die Schwierigkeit des Umdenkens.
Zu Recht zieht Kurt Gerhardt das Fazit, dass Afrikaner sich nur aus eigener Kraft aus den fatalen Folgen bisheriger Entwicklungshilfe und dem weltweiten Netz von Hilfeagenturen befreien können.
Bevor wir also wieder neue, fragwürdige Konzepte entwickeln, fragen und hören wir doch Afrikaner zu ihrer eigenen Meinung. Dort gibt es durchaus erste richtungweisende Ansätze, die sog. "New Voices", einige herausfordernde, innovativ argumentierende Afrikaner wie James Shikwati, Andrew Mwenda, Dambisa Moyo u.a.
Unabhängig voneinander plädieren sie dafür, die Entwicklungshilfe zu stoppen, da sie zum großen Teil nur die amtierenden korrupten, kleptokratischen Regierungen unterstützt, die bedürftige Bevölkerung aber nicht erreicht - und sie so zu der fatalen Situation geführt hat, dass viele afrikanische Länder nach 50 Jahren Entwicklungshilfe wirtschaftlich schlechter dastehen als direkt nach der Unabhängigkeit.
In Interviews gefragt, was denn die Menschen in den westlichen Ländern ihrer Ansicht nach stattdessen tun sollten, gaben sie folgende Ratschläge:
D. Moyo, ehemalige Mitarbeiterin der Weltbank, Sambia:
Geldspenden an eine bestimmte NGO, die damit Mikrokredite in Entwicklungsländern vergibt. Mikrokredite, die die "kleinen Leute" und Bedürftige in die Lage versetzen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen bzw. zu verbessern.
A. Mwenda, Journalist und Verleger der Zeitung ‚The Independent', Uganda:
Seine schlichte und ergreifende Antwort: Nichts.
J. Shikwati, Ökonom und Begründer von IREN, Kenia:
Antwortete etwas moderater. Er plädiert für einen zügigen, schrittweisen Ausstieg aus der Entwicklungshilfe und Fokussierung auf Unterstützung des privatwirtschaftlichen Sektors.
Entwicklungshilfe stoppen? Kommt da nicht Empörung in uns auf? Werden nicht Arme und Kinder sterben, wenn die Hilfe nicht fortgesetzt und sogar intensiviert wird?
In einem Interview (Weltwoche 2006) hält A. Mwenda folgende Argumentation dagegen:
"Die 45 Prozent des Staatsbudgets, die zum Beispiel in Uganda durch die internationale Hilfe subventioniert werden, wären problemlos mit Steuern zu finanzieren. Die Regierung kassiert aber - und ich zitiere hier offizielle Zahlen - nur etwas mehr als die Hälfte der potenziellen Steuern ein. Was ist mit der anderen Hälfte? Die Regierung sagt, die Steuerverwaltung verfüge über eine schlechte Infrastruktur. Das mag sogar stimmen, entscheidender aber ist, dass die Reichen und politisch Mächtigen in Afrika dank Korruption keine Steuern bezahlen. So schaffen die Regierungen Abhängigkeiten und schonen ihre Günstlinge."
Offensichtlich nehmen wir uns also wichtiger, als wir sind?
Es gilt, die Herausforderung anzunehmen, dass sich auch die Menschen der westlichen Nationen ‚entwickeln' müssen - willens und innovativ zu sein im Überdenken der Sichtweise von ‚Entwicklungshilfe' .
Zum Schluss möchte ich noch kurz Ralph Sinas Kommentar vom 6.6.2010 aufgreifen.
Horst Köhler könnte auf seiner nächsten Afrikareise auch bei Patrick Awuah in Cape Coast, Ghana, vorbeischauen. Der Ghanaer hat 2002 dort das Asheshi University College gegründet und bildet seitdem Führungskräfte aus, die auch in westlichen Ländern begehrt sind. Also eine weitere, rein afrikanische Initiative.
Wie sich die Absolventen dieser Universität später im Wirtschafts- und Politikleben dann jedoch bewähren, ob sie "anders agieren", bleibt dahingestellt.
Aber sind denn die Politiker und Führungskräfte in der westlichen Welt wirklich ‚so anders'? Sind deren Entscheidungen nicht auch eher von kurzfristigem Machterhalt geleitet als von langfristigen, auf das Wohl der Bevölkerung ausgerichteten Aktionen?
Spätestens die weltweite Finanzkrise lässt daran zweifeln.