Im Blick auf die Gründe für Gelingen oder Nichtgelingen von Entwicklungshilfe herrschen sicher eine Menge Missverständnisse vor. Allen voran die Erwartung der Geberländer, die afrikanischen Gesellschaften würden auf Dauer zwangsläufig ein demokratisches System ihrem traditionellen Gesellschaftswesen mit seinen eignen (Europäern unverständlichen) Machtstrukturen vorziehen.
Unter dem dünnen Deckmantel der Demokratie existiert in der Regel ein Konglomerat an überaus anpassungsfähigen Lösungsstrategien, deren höchstes Ziel die schnellstmögliche Gewinnmaximierung ist. Die Philosophie des Deckmantels ist dabei ebenso variabel wie die Menschen, die sie vertreten. Wer in Glaubensfragen öffentlich die großen Religionen lobpreist und in ernsten Fragen des Lebens am Abend den Marabou konsultiert, wird auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht Flexibilität an den Tag legen. Demokratie ist eine Errungenschaft der aufgeklärten Gesellschaften und keine afrikanische Überzeugung. Axelle Kabou wies schon in den 90er Jahren in ihrer Streitschrift "Weder arm noch ohnmächtig…" auf den dringenden Umstand hin, die afrikanischen Gesellschaften müssten ihr Klansdenken überwinden, um grundlegende Veränderungen in Richtung Moderne und Demokratie hervorbringen zu können. Dies ist bis heute nicht der Fall. Das große Ganze wird immer noch dem Kleinen geopfert. Wer "ein paar Schulen hat", ist ein gemachter Mann - so werden selbst grundlegende Strukturen vermarktet und der jungen Generation jede Möglichkeit des Fortkommens genommen. Private Unternehmen überleben nur aufgrund unausgesetzter Kontrolle, die nicht delegiert werden kann, weil dies augenblicklich zur Bildung einer weiteren Macht- bzw. Profitstufe führt. Loyalität beschränkt sich auf den afrikanischen Gesellschaftskodex und lässt übergeordnete multinationale Strukturen außen vor.
Entwicklungshilfe mit der Bereitstellung von Finanzierungen ist daher meist nichts anderes als kampagnegebundene Weitergabe von Geldern - egal mit welchem Ansatz, egal unter welcher Flagge. Die Unkoordiniertheit der Vergabe erleichtert den Griff in den großen Topf erheblich, die Zusammenarbeit mit unerfahrenen, immer wechselnden ausländischen Partnern, in einer gut entwickelten artifiziellen Subkultur für eben jenen Zweck, ist für die immergleichen afrikanischen Partner allzeit ein Heimspiel. Wie gut man von Entwicklungshilfe leben kann, machen die Helfer selbst vor. Alle leben in Afrika besser als in ihren Ursprungsländern und kaum eines ihrer Kinder besucht eine lokale Regelschule - man teilt sich die guten Plätze mit der lokalen Elite, von der man gleichzeitig Verständnis und Lösungsansätze für die grundlegenden Probleme ihrer Mitmenschen erwartet.
Für ihr eigenes Verständnis machen die afrikanischen Gesellschaften das Beste aus der Entwicklungshilfe - sie profitieren und verteilen nach eigenen Regeln nach "unten". Langfristige Projekte wie Bildungs-, Gesundheits- oder Rentensystem können auf Dauer nicht gedeihen, weil der permanente Verteilungsdruck "anonyme" Rücklagen geradezu verbietet und Korruption und Misswirtschaft, wie viele andere Delikte, nicht entsprechend geahndet werden.
Es ist aus dieser Sicht sicher naiv zu glauben, durch mehr Geld werde mehr Entwicklung entstehen. Um festzustellen, ob die afrikanischen Gesellschaften nachhaltige Entwicklung betrieben haben, müsste man erst einmal alle "Krücken" entfernen (und wer entfernte die erste?). Das Ergebnis wäre auch nach 50 Jahren sicher desolat.
Einzig die Schul- und Beraufsausbildung aller Gesellschaftsschichten kann langfristig zu neuen Einsichten/Überzeugungen und zu autonomen, souveränen Kompetenzen und einem ihnen angemessenen Gesellschaftssystem führen. Hierauf sollten sich alle Anstrengungen, sowohl auf afrikanischer (sofern dies echtes Anliegen der aktuellen Regierungen ist) wie Geberländerseite konzentrieren. Für welchen Weg sich die afrikanischen Länder im Fall entscheiden, ist dann - sofern nicht andere Interessen zu weiteren Interventionen verleiten … und hier müssten auch jene die Karten auf den Tisch legen - nicht mehr Sache der Förderer.
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jeu, 25 Fév 2010 - 14:17
Im Blick auf die Gründe für Gelingen oder Nichtgelingen von Entwicklungshilfe herrschen sicher eine Menge Missverständnisse vor. Allen voran die Erwartung der Geberländer, die afrikanischen Gesellschaften würden auf Dauer zwangsläufig ein demokratisches System ihrem traditionellen Gesellschaftswesen mit seinen eignen (Europäern unverständlichen) Machtstrukturen vorziehen.
Unter dem dünnen Deckmantel der Demokratie existiert in der Regel ein Konglomerat an überaus anpassungsfähigen Lösungsstrategien, deren höchstes Ziel die schnellstmögliche Gewinnmaximierung ist. Die Philosophie des Deckmantels ist dabei ebenso variabel wie die Menschen, die sie vertreten. Wer in Glaubensfragen öffentlich die großen Religionen lobpreist und in ernsten Fragen des Lebens am Abend den Marabou konsultiert, wird auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht Flexibilität an den Tag legen. Demokratie ist eine Errungenschaft der aufgeklärten Gesellschaften und keine afrikanische Überzeugung. Axelle Kabou wies schon in den 90er Jahren in ihrer Streitschrift "Weder arm noch ohnmächtig…" auf den dringenden Umstand hin, die afrikanischen Gesellschaften müssten ihr Klansdenken überwinden, um grundlegende Veränderungen in Richtung Moderne und Demokratie hervorbringen zu können. Dies ist bis heute nicht der Fall. Das große Ganze wird immer noch dem Kleinen geopfert. Wer "ein paar Schulen hat", ist ein gemachter Mann - so werden selbst grundlegende Strukturen vermarktet und der jungen Generation jede Möglichkeit des Fortkommens genommen. Private Unternehmen überleben nur aufgrund unausgesetzter Kontrolle, die nicht delegiert werden kann, weil dies augenblicklich zur Bildung einer weiteren Macht- bzw. Profitstufe führt. Loyalität beschränkt sich auf den afrikanischen Gesellschaftskodex und lässt übergeordnete multinationale Strukturen außen vor.
Entwicklungshilfe mit der Bereitstellung von Finanzierungen ist daher meist nichts anderes als kampagnegebundene Weitergabe von Geldern - egal mit welchem Ansatz, egal unter welcher Flagge. Die Unkoordiniertheit der Vergabe erleichtert den Griff in den großen Topf erheblich, die Zusammenarbeit mit unerfahrenen, immer wechselnden ausländischen Partnern, in einer gut entwickelten artifiziellen Subkultur für eben jenen Zweck, ist für die immergleichen afrikanischen Partner allzeit ein Heimspiel. Wie gut man von Entwicklungshilfe leben kann, machen die Helfer selbst vor. Alle leben in Afrika besser als in ihren Ursprungsländern und kaum eines ihrer Kinder besucht eine lokale Regelschule - man teilt sich die guten Plätze mit der lokalen Elite, von der man gleichzeitig Verständnis und Lösungsansätze für die grundlegenden Probleme ihrer Mitmenschen erwartet.
Für ihr eigenes Verständnis machen die afrikanischen Gesellschaften das Beste aus der Entwicklungshilfe - sie profitieren und verteilen nach eigenen Regeln nach "unten". Langfristige Projekte wie Bildungs-, Gesundheits- oder Rentensystem können auf Dauer nicht gedeihen, weil der permanente Verteilungsdruck "anonyme" Rücklagen geradezu verbietet und Korruption und Misswirtschaft, wie viele andere Delikte, nicht entsprechend geahndet werden.
Es ist aus dieser Sicht sicher naiv zu glauben, durch mehr Geld werde mehr Entwicklung entstehen. Um festzustellen, ob die afrikanischen Gesellschaften nachhaltige Entwicklung betrieben haben, müsste man erst einmal alle "Krücken" entfernen (und wer entfernte die erste?). Das Ergebnis wäre auch nach 50 Jahren sicher desolat.
Einzig die Schul- und Beraufsausbildung aller Gesellschaftsschichten kann langfristig zu neuen Einsichten/Überzeugungen und zu autonomen, souveränen Kompetenzen und einem ihnen angemessenen Gesellschaftssystem führen. Hierauf sollten sich alle Anstrengungen, sowohl auf afrikanischer (sofern dies echtes Anliegen der aktuellen Regierungen ist) wie Geberländerseite konzentrieren. Für welchen Weg sich die afrikanischen Länder im Fall entscheiden, ist dann - sofern nicht andere Interessen zu weiteren Interventionen verleiten … und hier müssten auch jene die Karten auf den Tisch legen - nicht mehr Sache der Förderer.