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Pour une autre politique de développement!

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sam, 16 Mai 2009 - 15:39

Gerli Lantzberg, Burggen
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Als Mitunterzeichnerin des "Bonner Aufrufs" möchte ich, nachdem die Budgethilfe zum Schwerpunktthema im E & Z Heft 4/09 gewählt wurde, aus Praxis und Erfahrung, v.a. in afrikanischen Ländern, zu einer anderen Bewertung anregen.

Einig sind sich alle Autoren in E & Z, dass die Empfängerländer, um sich für Budgethilfe zu qualifizieren ein geordnetes Finanzsystem mit Kontrollinstanzen, Demokratie und Zivilgesellschaft usw. vorweisen müssen.
Ebenso einig sind sich alle allerdings auch darüber, dass geeignete Messinstrumente zur Überprüfung obiger Wunder fehlen und die von der Weltbank entworfenen "Country Policy and Institutional Assessment" als Indikatoren zumindest fragwürdig sind - ich würde sagen, diese Indikatoren sind in der Praxis schlicht unbrauchbar.
Was tun die Geberländer also?
Sie folgen - zwar zögerlich - der von der WB entwickelten Strategie, die wie die vorhergehenden Strategien derselben auf wenig Realität und viel Annahmen beruht. Die Zeche des Scheiterns zahlen dann die Armen in den betroffenen Ländern. Kommt uns das nicht bekannt vor?

Dennoch, die Geberländer wählen - irgendwie - Empfängerländer aus und arbeiten wie seit Jahrzehnten nach dem Prinzip Hoffnung, getröstet durch das Wissen, dass ja frühere Hilfe auch nichts gebracht hat.

Zwei zentrale Voraussetzungen einer gelingenden Budgethilfe sind die Abstimmung und Koordination der Geber und die Beteiligung der Bevölkerung.
Beides sind keine neuen Forderungen, sie werden nur seit Jahrzehnten nicht erfüllt - weil sie nicht erfüllt werden können.
In den Gremien zur Geberkoordination sitzen Menschen, die miteinander arbeiten können …..oder auch nicht. Wer glaubt, dass persönliche Vorlieben sachliche Entscheidungen unbeeinflusst lassen, ist naiv.
Jeder (und jede) Gebervertreter(in) hat eigene Netzwerke in den Ministerien, hat unterschiedliche kulturelle Sichtweisen und eigene Interessen, dazu machen persönliche Eitelkeiten die Abstimmung und eine gemeinsame Prioritätensetzung schwer.
Da wird die Gebergruppe überrascht damit, dass ein asiatischer Geber eine luxuriös ausgestatte Schule in der Hauptstadt finanziert - natürlich mit begeisterter Zustimmung des Erziehungsministeriums - statt wie vereinbart bescheidene Dorfschulen mit zu finanzieren. Da werden handstreichartig von einem Geber ihm genehme Gutachter verpflichtet, andere schieben Gelder außerhalb des Budgets dem Ministerium zu oder finanzieren eigene Projekte weiter….. diese Liste ließe sich beliebig verlängern.

Und: Die Autonomie der Empfänger wird keineswegs gestärkt, denn, wer zahlt, schafft an! Dass Budgethilfe Hilfe heißt, ist entlarvend genug.

Geradezu absurd wird der Einsatz des neuen Instruments allerdings, wenn es zur
Armutsbekämpfung dienen soll.
Da werden Prioritäten gesetzt, Gutachter angeheuert, aus den Gutachten entstehen Regierungsprogramme, Personal wird ausgebildet, es wird geplant, gebaut, Kontrollsysteme entwickelt ……..und wer schaut je sich in der Realität an, was vor Ort ankommt, v.a. wenn der Ort unangenehm weit von der Hauptstadt und der guten Straße entfernt ist?
Das Gutachterteam zur Vorbereitung hat nur begrenzt Zeit bekommen - und oft noch begrenzter Lust - vor Ort ordentlich zu recherchieren, wichtiger ist allemal, dass der Bericht voller Statistiken, Graphiken und wohlklingender Phrasen ist.
Dieses Material wird nun in die Planung übernommen.
In regelmäßigen Treffen der Geber mit und ohne Regierungsvertreter werden dann Beschlüsse gefasst, Schulen und Krankenhäuser oder Wasserversorgungssysteme zu bauen, Lehrer und Ärzte oder Techniker auszubilden, die Programme bekannt zu machen, Material zu beschaffen usw.
Die beeindruckenden Zahlen, die Fortschritte belegen sollen, werden auf allen Treffen kopfnickend zur Kenntnis genommen.
Nur äußerst selten wird die traurige Realität besichtigt - wie auch? Und wer aus den Gremien sollte das tun? Das ist unbequem, heiß, weit weg und eigentlich hat man ja sowieso Wichtigeres zu tun.
Sollte wirklich einmal eine Ministerin kommen und Wert auf die reale Welt legen, dann werden in seltener Einigkeit und Effizienz potemkinsche Dörfer aufgebaut.

Wer aber unangemeldet durchs Land reist, findet Schulen ohne Lehrer, Klassenzimmer, in denen Kaffee lagert, Schulbücher, die noch im Plastikumschlag weggesperrt werden und Kinder, die auch nach einigen Schuljahren weder lesen noch schreiben können.
In der offiziellen Statistik sieht das so aus: 100 Schulen gebaut mit 450 Klassenzimmern, 1000 Mathebücher ausgeliefert, 30000 Kinder eingeschult……..

Krankenstationen zu besichtigen, ist, wenn man von wenigen, die zur Vorführung dienen, absieht, noch deprimierender, denn die Schwerkranken oder Verletzten, die da lagern und auf die Gnade eines Arztbesuches hoffen, haben kaum Chancen.
Es fehlt Personal, es fehlen Medikamente, es gibt keinen Strom, kein Wasser, keine Instrumente, geschweige denn die kostenlose Behandlung, ein Blick oder Händedruck der Mediziner ist teuer.
Dennoch beeindrucken die Unterlagen über die Anzahl und Ausstattung neuer Krankenstationen die Teilnehmer der Prüfsitzungen so sehr, dass genaueres Nachfragen, nein, Nachschauen entfällt.

In einer Stadt in Nigeria mit 100 000 Einwohnern war das Krankenhaus wegen Wassermangels geschlossen, die Leitung zu Haus und Garten des Herrn Abgeordneten war die einzige der ganzen Stadt, die funktionierte. Ebenso funktionierte in Gambia die Bewässerung der Reisfelder eines Parlamentariers, nicht aber die für das Dorf.
In der Statistik rinnt die Wassermenge, wohin wird ja nicht spezifiziert und auch nicht kontrolliert.

Gut klingende Rhetorik setzt auf demokratische Organisationen und Prozesse.
Natürlich gibt es in vielen Gesellschaften in afrikanischen Ländern Demokratie.
Beeindruckend sind Versammlungen, in denen oft lange um Konsens - nicht um Mehrheiten - gerungen wird.
Es gibt matrilineare Gesellschaften, die besser als jede moderne Gesetzgebung die Rechte der Frauen schützen.
Selbst ererbte Positionen werden sehr oft zum Schutz und zum Wohlbefinden der Klientel eingesetzt und keineswegs ohne Abstimmung mit den Betroffenen.

Natürlich wurden und werden all diese Demokratieformen nicht genützt, um staatliches Handeln zu kontrollieren!

Da setzt man lieber auf NGOs, ohne deren Vertrauenswürdigkeit zu kennen.
Es gibt es in allen Ländern tapfere Streiter für Bürgerrechte oder gegen Umweltzerstörung, mutige Frauen, die eine Gewerkschaft gründen oder Straßenkinder betreuen.
Nur sind das nicht die, die die Geberfamilie leicht findet. Solche NGOs müssen sich vielleicht verstecken und verdeckt arbeiten, keiner kann richtig Englisch….
Dann gibt es andere NGOs, die sich anbieten, wie z. B. diese:
Durch die Dörfer Burkina Fasos ziehen besoldete Schreiberlinge, die vom Saatgutspeicher (ist out) bis zur Frauenförderung (auch out) bis zur Grundbildung (z .Z. in) Dorf um Dorf zu Anträgen "motivieren", damit dann ein cleverer Geschäftsmann eine NGO bilden kann - für Auto und Büro plus Ausstattung finden sich leicht Geber.

Was kann man zu der allgegenwärtigen Korruption noch sagen, das nicht schon längst bekannt ist?
Dazu kann man nur wie Brechts "lesender Arbeiter" als "denkender Entwicklungsexperte" Fragen stellen wie diese:
Wieso brauchen die potentiell reichen Länder wie Angola oder Nigeria überhaupt Hilfe?
Wollen wir, dass Mugabe sich noch eine millionenteure Villa in Hongkong kaufen kann?
Wie hat Mobutu seine Millionen Dollar verdient?
Wieso braucht Äthiopien jahrzehntelang Nahrungsmittelhilfe?
Warum fordern afrikanische Intellektuelle wie - aktuell - James Shikwati ein Ende der Entwicklungshilfe?

Eine Fahrt durch ein beliebiges Land in Afrika, vorbei an zerbröckelten Lehmöfen, zerfallenen Kleinstaudämmen, kaputten Straßen und Brunnen, wo Frauen wie eh und je ohne Mühlen Hirse stampfen, zeigt klarer als jeder Bericht: All diese Hilfe hat nichts gebracht! Im Gegenteil, sie tötet.
Stoppt sie!