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Beitrag vom 14.02.2021

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Afrika-ABC in Zitaten: Zeit nach der Unabhängigkeit/Zeitungslektüre/Zwang zur Mutterschaft (35)

von Volker Seitz

Zeit nach der Unabhängigkeit (Kenia)

Die Friedensnobelpreisträgerin (2004) Wangari Maathai in ihren Erinnerungen „Afrika mein Leben“, Dumont 2008: „Damals gab es [in Nairobi] keine Straßenkinder und keine Slums. Selbst in Kibera, heute der größte Slum in ganz Afrika, lebten zu der Zeit nur wenige Menschen, es gab noch Bäume und Pflanzen, obwohl es um die Infrastruktur ebenso schlecht bestellt war wie heute. (Selbst jetzt hat die halbe Million Einwohner von Kibera nur beschränkt Strom und fließend Wasser.) Damals waren die Busse selten voll, die Müllabfuhr funktionierte, die ganze Stadt war sauber. Meine Freundinnen und ich schlenderten oft zwischen den kleinen Läden und Cafés im Stadtzentrum umher und hatten keine Angst, ausgeraubt und vergewaltigt zu werden.“ (S. 135)

Zeitungslektüre

Der äthiopische Schriftsteller Dinaw Mengestu beschreibt in seinem Roman „Unsere Namen“, Kein und Aber 2014, wie auch arme Leute zu Zeitungs-Informationen kommen. Diese Form von Zeitungslektüre konnte ich in vielen afrikanischen Staaten beobachten: „Ein Mal am Tag, am Nachmittag, verließ ich mein Zimmer. Ich ging dann zu einer großen Straße, wo ich mir die Schlagzeilen der Zeitungen durchlas, die dort auf den Gehwegen auslagen. Für ein paar Cent durfte man sich sogar eine Ausgabe nehmen und in Ruhe durchlesen, bevor man sie wieder zurücklegte. Es konnte durchaus sein, dass eine Zeitung ein Dutzend Mal durchgeblättert worden war, bevor schließlich jemand den halben Kaufpreis für sie zahlte und sie mit nach Hause nahm. So erhielten selbst die Ärmsten der Stadt gerade genügend Informationen, um sich eine Meinung zu bilden, auf wie viel Propaganda diese auch basieren mochte.“ (S. 120)

Zwang zur Mutterschaft

Die Nigerianerin Flora Nwapa thematisiert in ihrem bekanntesten Roman Efuru Ehe, Polygamie und Kinderlosigkeit. In deutscher Sprache erschien der Roman bei Lamuv, 1997. „An diesem Abend ging Efuru sehr bedrückt nach Hause. Nicht der Gedanke an eine andere Frau für Gilbert machte ihr das Herz so schwer, sondern die Tatsache, dass sie für unfruchtbar gehalten wurde. Es war ein Fluch, keine Kinder zu bekommen. In ihrem Volk wurde das nicht etwa als eines der zahllosen Missgeschicke der Natur angesehen. Es wurde als persönliches Versagen aufgefasst.“ (S. 243)

„Die Voreingenommenheit meiner Mutter gegen Niams Frau war vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Frau meines Cousins nach vielen Ehejahren unverständlicherweise noch immer keine Kinder bekommen hatte. Kinderlosen Frauen bleibt bei uns das Los nicht erspart, mit einem Bann belegt zu werden; die Wurzeln einer solchen Auffassung sind in der Metaphysik unserer Bantuvorväter zu suchen. Einer Frau, die Mutter ist, wird jede Untreue, jede Liebschaft verziehen. Das muss man wissen.“ Der kamerunische Schriftsteller Mongo Beti in „Besuch in Kala oder Wie ich mir eine Braut einfing“, Hammer Verlag 2003 (S. 15 /16)

Die nigerianische Schriftstellerin Sefi Atta schreibt in ihrem Roman „It’s my turn“, Peter Hammer Verlag, 2010: „Du weißt, dass eine Frau es nicht verheimlichen kann, wenn sie unfruchtbar ist. Wenn ein Mann zeugungsunfähig ist, muss niemand davon erfahren. Verstehst Du? Die Frau sucht jemand anders, um ein Kind zu zeugen, und hält das Ganze geheim… traditionelle afrikanische Samenspende... Wie viele mutterlose Kinder haben wir hier? Und trotzdem gilt bei uns das Gebären immer noch als das Höchste. Du musst Kinder kriegen, Du musst Kinder kriegen, um jeden Preis.“ (Seiten 188/189)

Abschlussbemerkung

Lebens-, Denk- und Verhaltensweisen kann man nur durch längere Aufenthalte ergründen. Auf der Suche nach Erklärungen für gesellschaftliche Entwicklungen kann aber auch Literatur helfen. In den genannten Büchern ist viel lesenswertes Autobiografisches verarbeitet. Die Autoren verstehen es aus unterschiedlichsten Blickwinkeln, uns authentisch Afrika und seine Menschen nahezubringen.