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Beitrag vom 19.11.2015

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Kredite

Appetit auf afrikanische Staatsrisiken geht verloren

Von Matina Stevis

Rockstars wie Bono halfen einst dabei, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, afrikanischen Staaten über 100 Mrd. US-$ Schulden zu erlassen. Dafür wurden von den betroffenen Staaten politische Veränderungen verlangt. Ein wichtiges Ziel war es, dass sie ihre Entwicklung künftig am Kapitalmarkt finanzieren konnten. Ein Jahrzehnt später ist alles wieder beim Alten, und es fällt den Regierungen immer schwerer, ihre Schulden zurückzuzahlen.

Kaum ein Land profitierte so stark vom Schuldenerlass wie Mosambik. Die Staatsschulden wurden dort von 86 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2005 auf 9 Prozent gedrückt. Seitdem hat das Land schon wieder einen Schuldenberg von 61 Prozent des BIP angehäuft. Die Schulden Ghanas standen 2005 bei 82 Prozent des BIP, bis die internationale Gemeinschaft etwa die Hälfte davon erließ. Heute summieren sich die Schulden wieder auf 73 Prozent des BIP, Tendenz steigend, berichtet der Internationale Währungsfonds. 2003 hatte Ghana noch 7,5 Mrd. US-$ Schulden, heute beläuft sich der Schuldenberg zum aktuellen Währungsniveau auf 25 Mrd. US-$.

Die Entlassung aus der erdrückenden Schuldenlast galt damals als Erfolgsgeschichte. In Kombination mit dem Rohstoffboom läutete der Schuldenerlass eine Investitions- und Wachstumswelle ein, die in vielen afrikanischen Volkswirtschaften zu mehr Fortschritt, weniger Armut und einer besseren Integration in der Weltwirtschaft führte. Doch in einigen Ländern wachsen die Schuldenberge wieder. Viele afrikanische Währungen sowie Rohstoffpreise sind eingebrochen. In Ghana zum Beispiel wird der Schuldendienst in diesem Jahr 40 Prozent der Staatseinnahmen beanspruchen, zeigt eine Analyse von Fitch Ratings. Der IWF und viele Analysten glauben, dass nur eine halb so hohe Rate für ein Land verkraftbar ist. "In manchen Fällen wie Ghana ist die Zunahme ziemlich beunruhigend", sagt John Ashbourne, Afrika-Ökonom bei Capital Economics in London. "Das ist mit Sicherheit nicht die Zukunft, die die internationalen Institutionen im Sinne hatten, als sie dem Kontinent einen großen Teil seiner Schulden erließen." Investoren verlangen zunehmend von einigen afrikanischen Staaten höhere Renditen und halten Ausschau nach Anzeichen des finanziellen Missmanagements.

Afrikanische Staaten verkauften zwischen 2009 und 2015 rund 20 Mrd. US-$ an Staatsanleihen, meist an internationale Geldgeber. Die meisten Länder machten Fortschritte bei der Armutsreduzierung. Ghana, ein wichtiger Exporteur für Öl, Kakao und Gold, hat vier Euro-Anleihen ausgegeben und damit 3,75 Mrd. US-$ eingesammelt.

Trendumkehr

Doch die Trends, die den Markteinstieg dieser Länder begünstigt hatten, haben sich inzwischen umgekehrt. Die Wirtschaft Ghanas wächst nur noch um etwa 3 Prozent; die Währung des Landes fiel seit Jahresbeginn um 16 Prozent zum Dollar. Das Land genießt die Unterstützung eines IWF-Rettungsprogramms, das Investoren als Stabilitätsgarantie ansehen. Dennoch wird es immer schwieriger, den Staatshaushalt zu finanzieren. Als Ghana im Oktober eine Anleihe über 1 Mrd. US-$ mit 15 Jahren Laufzeit verkaufte, musste das Land 10,75 Prozent Zinsen versprechen – über 2 Prozentpunkte mehr als im Jahr davor. Der IWF senkte im Oktober seine Wachstumserwartungen für Subsaharaafrika um 2 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent und warnte, dass es den Ländern schwerer fallen dürfte, sich Geld zu leihen. Die Wachstumserwartung für die Region ist die niedrigste seit sechs Jahren.

"Anleger haben durch diese globalen Risikofaktoren eindeutig den Appetit auf afrikanische Staatsrisiken verloren", sagt Mark Baker, Investmentdirektor für Schwellenmarkt-Anleihen bei Standard Life Investments. "Regierungen in der Region müssen anerkennen, dass es deutlich schwerer und in vielen Fällen auch teurer geworden ist, sich am Markt zu finanzieren." Standard Life Investments will noch keine Anleihen von Ghana, der Elfenbeinküste, Kenia und Sambia in seinem Portfolio abstoßen, aber Baker sagt, dass er die politische Situation in diesen Ländern genau betrachte.

Fragwürdige Mittelverwendung

Investoren und Analysten waren unzufrieden, als Ghana die Erlöse in Höhe von 1 Mrd. US-$ aus der Anleiheauktion im vergangenen Jahr weitgehend für laufende Kosten nutzte. Das Land zahlte damit etwa die Gehälter von Beamten, anstatt Projekte zu finanzieren, die Wachstum generieren und Jobs schaffen würden. Die Regierung von Ghana schiebt die Schuld für die hohe Neuverschuldung auf ein Dilemma: Sie müsse neue Schulden aufnehmen, um frühere, teure Kredite abzuzahlen, während die Wirtschaft unter dem globalen Einbruch der Rohstoffpreise leidet. Staaten wie Kenia und Angola, die vor zehn Jahren nicht von dem großflächigen Schuldenerlass profitierten, geraten inzwischen auch unter Druck. Fitch Ratings senkte den Ausblick für die Bonität Kenias im Oktober auf "negativ", vor allem weil der Schuldenberg des Landes auf über 60 Prozent des BIP angewachsen ist. Viele Ökonomen halten dieses Niveau für eine Volkswirtschaft von der Größe Kenias nicht für nachhaltig. Im einstigen Boom-Staat Angola schrumpfen die Fremdwährungsreserven, da der westafrikanische Ölexporteur die einbrechende Währung kaum noch halten kann. Der Kwanza ist seit Jahresbeginn zum US-Dollar um 30 Prozent abgerutscht. Anfang November sammelte Angola am Kapitalmarkt 1,5 Mrd. US-$ ein, musste dafür jedoch 9,5 Prozent Zinsen zahlen. (DJN)