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Beitrag vom 28.05.2015

ORTNER ONLINE

Frankreichs trauriges Erbe in Afrika

VOLKER SEITZ

Auch französische Sozialisten bemühen oft die "Solidarität”, wenn es um die Armen und Entrechteten Afrikas geht. Anders, wenn die von den französischen Sozialisten dominierte Pariser Nationalversammlung einen Bericht über die 20 frankophonen Staaten Afrikas schreibt. Die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Elisabeth Gigou (mehrfach Ministerin in sozialistischen Regierungen) glaubt, dass sie einen solchen kritischen Bericht über Afrikas Herrscher nicht verantworten kann, und hat kräftig zensiert. Aus "Autokraten” wurden Staatschefs, und 2 Seiten negative Bewertungen des Langzeitpräsidenten von Kamerun wurden schlicht gestrichen. Erfreulicherweise wurde der Bericht dadurch auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Am 26. Mai berichteten die Abendnachrichten des wichtigsten TV Senders A 2 über die Abweichungen in dem Bericht.

Jetzt weiß jeder, der sich dafür interessiert, dass die herrschenden Klassen in Afrika ihre Länder schlecht regieren und keine Politik entwerfen, die den essentiellen Bedürfnisse vieler Menschen genügt. Der Berichterstatter:” Unser Land hat sich bisher von der Klasse dieser Machthaber (die wir immer unterstützt haben) nicht distanziert und vor allem keinen Kontakt zu der jungen Generation, die das Afrika von Morgen schaffen werden.”

Obwohl seit der Unabhängigkeit auch von Frankreich Millionen Euro in die Länder gepumpt wurden, zählen diese Länder zu den am wenigsten entwickelten der Welt. Im Original des Parlamentsberichts wurden die faulen Systeme, die für die einfachen Menschen kaum Verbesserungen in ihren Lebensverhältnisse brachten, nicht mehr schöngeredet. Der Bericht, von dem Sozialisten Philippe Baumel verantwortet, beschreibt, dass es trotz Wachstumsraten in den frankophonen Ländern Afrikas von 4,3 % bei einer schlechten Gesundheitsversorgung, mangelnden Ausbildungsmöglichkeiten und häufigen Stromausfällen bleibt. Die durchschnittliche Lebenserwartung stagniere bei 50 Jahren. In dem von der UNDP erarbeiteten Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index) der sich aus den Indikatoren Gesundheit, Bildung und Lebensqualität zusammensetzt, fänden sich diese Länder auf den hinteren Plätzen. Schlusslicht bilden der Tschad, die Zentralafrikanische Republik, der Kongo (Kinshasa) und Niger. Der Bericht listet auch eine beindruckende Zahl von Staatsstreichen und kriegerischen Auseinandersetzungen auf. Als bedenklich wurde angemerkt, dass die Entwicklungspolitik in Frankreich vom Verteidigungsminister gemacht würde.

Staatsversagen in Afrika bleibt ein akutes Problem. Es gibt einen harten Kern von Reformverweigerern. Kompetente und leistungsfähige Menschen bekommen nur dann eine Chance, wenn sie aus der richtigen Ethnie stammen. So besetzen nicht die fähigsten Personen mit Erfolgswillen wichtige Positionen. So führt Tribalismus, Vorteilsnahme der herrschenden Klasse und die fehlende Leistungsgesellschaft zu einem hohen Grad an sozialer Ungerechtigkeit. Die Qualität der politischen Führung ist deshalb in einigen Staaten besorgniserregend. Transparente und demokratische Systeme können sich so nicht entwickeln.

In dem Originalbericht, der zur Abstimmung dem Auswärtigen Ausschuss vorlag, wurden folgerichtig die schuldigen Eliten als Autokraten bezeichnet. Dem kamerunischen Präsidenten Paul Biya (82), ununterbrochen seit 33 Jahren an der Macht, wurden zwei Seiten des Berichts gewidmet. Kamerun ist insofern ein sehr gutes Beispiel, weil sich in Kamerun beispielhaft die direkte Verbindung zwischen politischer Macht und Reichtum zeigt. In Kamerun sind die Reichen nicht die Unternehmer, sondern die Günstlinge des Regimes. Die miserable Platzierung des Landes auf dem Korruptions-Index von Transparency International ist nicht etwa nur eine abstrakte Zahl, sondern wird bei jeder Bewegung im Alltag fühlbar.

Wenn man im Geschäftsleben ohne Korruption vorgehen will, lauft man Gefahr, zum Störfaktor zu werden. Eine Unterscheidung zwischen Privatem und Öffentlichem existiert kaum. Die Ausgabenkontrolle lässt zu wünschen übrig, insbesondere angesichts der unübersichtlichen Personalausgaben und zahlreichen ad-hoc- und Ausnahmezahlungen. Schon 2008, als der französische Journalist Philippe Bernard in ›Le Monde‹ über die Korruption in Kamerun berichtete, war seine Kernaussage, dass 40 Prozent der Staatseinnahmen der Korruption zum Opfer fallen. Buchführung, Datenerfassung und externe Haushaltskontrolle gehören zu den schwächsten Teilen öffentlicher Finanzverwaltung. Alle, auch "kleine Leute” wie Polizisten, Funktionare und Soldaten leben von Bestechungsgeldern und Erpressung. Sich auch nur auf der Straße zu bewegen ist teuer und muss an jeder Straßensperre von neuem erkauft werden. Illegale Straßenkontrollen erhöhen natürlich die Transportkosten.