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Mon, 21 Jul 2014 - 01:10

Jürgen Haushalter, Meckenheim
Drei Jahre Projektarbeit in Lesotho
Posting

Gerd Müller, Minister des BMZ, hob bei seinem Amtsantritt den schwarzen Kontinent als Chancen- und Wachstumskontinent hervor.
Die Frage liegt auf der Zunge, wem eigentlich die Möglichkeit gegeben wurde, im Laufe zurückliegender sechs Dekaden Entwicklungshilfe gegebene Chancen nutzbringend umzusetzen, den Geber- oder Nehmerländern ? Hat man aus Sicht der Wohlstandsländer den "unterentwickelten” Ländern hinlänglich Möglichkeiten gelassen, eigene Wege zu gehen, um zu einer selbst bestimmten, angepassten Entwicklung zu kommen ?

Müller ist ebenso wie seine Vorgänger von dem Dogma gefangen, Afrika nach klassischer, westlicher Vorstellung entwickeln zu können, dieses nun mit noch mehr Input. Die Beseitigung von Armut wird auf eine technische Aufgabe reduziert, mentale und kulturelle Gegensätze bleiben außen vor. Beispielweise wird unter Wirtschaftlern und Entwicklungspolitikern allein schon die Verwendung von Mobiltelefonen oder der Verkauf von Rohstoffen als eigenständige Entwicklung gesehen.

Konkret will nun der BMZ-Chef für afrikanische Länder bessere Chancen eröffnen, dieses durch eine "Kooperationsoffensive” zwischen Deutschland und Afrika, u. a. in den Bereichen Agrarwirtschaft, Bildung, Forschung, Jugendaustausch, ebenso bei der Zusammenarbeit von Unternehmen und Kommunen. Man reibt sich die Augen über den 'zigsten Ansatz dieser "neuen” Pläne sind doch die vorgenannten Strategien längst Schwerpunkte in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Getan hat sich bis auf die von Volker Seitz aufgeführten Einzelfälle (Beitrag vom 6.7.14 auf dieser Website) ausnehmend wenig.

Es gibt viele Gründe, warum afrikanische Gesellschaften - korrupte und verantwortungslose Eliten ausgenommen - dem westlichen Chancen-Modell nicht folgen können oder wollen, also das Scheitern der Hilfe fatalistisch hinnehmen. Hartnäckig wird in den Diskussionen zur Wirksamkeit der Entwicklungshilfe eine weitere Ursache - möglicherweise eine wesentliche - ausgeblendet, nämlich die Unvereinbarkeit von Wertesystemen höchst unterschiedlicher Gesellschaftsformen.

Dass dieser essentiellen Frage nicht zusammen mit verantwortlichen Vertretern der Nehmerländer offen und vorurteilsfrei nachgegangen wird, ist ein unentschuldbares Versäumnis. Das Thema sollte ganz oben auf der Agenda des BMZ-Ministers stehen, der sein Haus als Afrikaministerium versteht. Der Chancenkontinent muss die Chance erhalten, einen Entwicklungsweg zu gehen, der nicht von Ländern vorgezeichnet ist, die das zunehmend in Kritik geratene, raubende Wirtschaftsmodell verfolgen.