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Beitrag vom 18.11.2024

NZZ

Moskau erweitert seinen Einfluss in Afrika

Russland schützt Teodoro Obiang, den Diktator in Äquatorialguinea

Bettina Rühl, Nairobi

Laut mehreren Quellen hat Russland bis zu 200 russische Militärberater nach Äquatorialguinea entsandt. Die kleine, erdölproduzierende Nation in Zentralafrika wird seit 1979 diktatorisch von Präsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo regiert. Der 82-Jährige ist damit der langjährigste Herrscher auf dem afrikanischen Kontinent. Sein Sohn Teodorín Obiang ist seit 2016 Vizepräsident des Landes. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen berichtet, sollen die als Militärausbildner bezeichneten russischen Bewaffneten den Präsidenten schützen. Obiang kam 1979 durch einen Staatsstreich an die Macht und hat selbst bereits mehrere Putschversuche überlebt.

Russland hat seinen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent und seine militärischen Beziehungen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich ausgeweitet. So schickte Moskau Berater und Kampftruppen in die Zentralafrikanische Republik, nach Mali, Niger, Burkina Faso und Moçambique. Die Entsendung von Militärs in das diktatorisch regierte und rohstoffreiche Äquatorialguinea entspricht der Strategie des Kreml, die inzwischen auch anderswo beobachtet wurde. «Russland interessiert sich vor allem für die Rohstoffindustrie und bietet Regimen in Ländern, die politisch nicht stabil sind, im Gegenzug Sicherheitsdienstleistungen an», fasst der Analyst Lanre-Peter Elufisan zusammen.

Von Sanktionen ausgebremst

Der französische Politikwissenschafter Thierry Vircoulon erinnert daran, dass einige russische Ölfirmen vor dem vollumfänglichen russischen Einmarsch in der Ukraine versucht hatten, durch Joint Ventures mit einigen westlichen Unternehmen in den afrikanischen Erdölsektor einzusteigen. «Diese Joint Ventures befanden sich im Golf von Guinea, dem wichtigsten Ölfördergebiet in Afrika», so Vircoulon. «Dieses Investitionsprojekt wurde durch die internationalen Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine gestoppt.» Vircoulon arbeitet am Französischen Institut für internationale Beziehungen.

Durch die neue Präsenz in Äquatorialguinea ist Moskau zurück am Golf von Guinea. Die Grundlagen dafür wurden offenbar bei einem Besuch Obiangs in Moskau im August dieses Jahres gelegt. Der Langzeitdiktator sprach damals mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über Pläne, die Verteidigungs- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland zu stärken. Am 27. September berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax, die beiden Länder hätten über Bedingungen für den Einstieg russischer Unternehmen in den Öl- und Gassektor Äquatorialguineas diskutiert.

Geringeres Interesse der USA

In den 2000er Jahren investierten amerikanische Energieunternehmen Milliarden von Dollar in Äquatorialguinea. Das Interesse der USA an dem Staat im Golf von Guinea hat nachgelassen, seit die Produktion im eigenen Land gestiegen ist. Äquatorialguinea fördert derzeit etwa 80 000 Barrel Rohöl pro Tag, verglichen mit einem Höchststand von weit über 300 000 vor zwei Jahrzehnten.

Obiangs Sohn Teodorín ist für seinen ausschweifenden Lebensstil berüchtigt und hält sich seit Jahren regelmässig in Frankreich und in der Schweiz auf. Im Juli 2021 bestätigte Frankreichs höchstes Gericht, die Cour de Cassation, seine Verurteilung durch zwei Vorinstanzen wegen Veruntreuung und Geldwäsche öffentlicher Gelder. Die Entscheidung beendete einen über zehn Jahre andauernden Rechtsstreit über gestohlene Vermögenswerte im Umfang von etwa 140 Millionen Schweizerfranken. Die russischen Militärs könnten helfen, die Obiang-Dynastie weiter abzusichern.