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Beitrag vom 07.02.2021

Achgut.com

Afrika-ABC in Zitaten: Spielzeug, Sprache, Straßenkinder (28)

von Volker Seitz

Spielzeug

NoViolet Bulawayo aus Simbabwe schreibt in ihrem Roman „Wir brauchen neue Namen“, Suhrkamp 2016: „Die NGO-Leute steigen aus, alle fünf. Es sind drei Weiße, zwei Frauen und ein Mann, denen sieht man gleich an, dass sie nicht von hier sind, und Sis Betty, die ist von hier. Sis Betty spricht unsere Sprachen, ich glaub, sie hat die Aufgabe, uns die Weißen zu erklären und die Weißen uns. Und der Fahrer ist wahrscheinlich auch von hier. Abgesehen davon, dass er fährt, sieht er nicht wichtig aus. Außer ihm tragen alle Sonnenbrillen, Augen gucken uns an, und wir können sie nicht richtig sehen, weil sie sich hinter einer Wand aus schwarzem Glas verstecken... Sobald wir sitzen, fängt der Mann mit seiner großen Kamera an, zu fotografieren. Die machen einfach gern Fotos, diese NGO-Leute, wie echte Freunde und Verwandte irgendwie, die sich später zu Hause mit ihren anderen Freunden und Verwandten die Bilder angucken, auf uns zeigen und unsere Namen sagen. Es schert sie nicht, dass der Dreck und die zerfetzten Kleider uns peinlich sind, dass es uns lieber wäre, wenn sie das sein lassen; sie knipsen trotzdem, knips knips knips. Wir meckern nicht, weil wir wissen, dass nach dem Knipsen die Geschenke dran sind... Jeder von uns kriegt ein Spielzeuggewehr, ein paar Süßigkeiten und was zum Anziehen; ich krieg ein T-Shirt mit dem Wort Google vorne drauf und ein rotes Kleid, das unter den Achseln kneift... Viel danke, sag ich zu der hübschen Frau, die mir meine Sachen gibt, um ihr zu zeigen, dass ich Englisch kann. Sie sagt nichts zurück, als hätte ich irgendwie nur gebellt... Los wir spielen Krieg, und schon laufen wir und legen uns gegenseitig um mit unseren nagelneuen Spielzeuggewehren aus Amerika.“ (Seiten 51-56)

Sprache (in Somalia)

„Lange Zeit war Somalisch eine rein mündliche Sprache gewesen, erst Ende 1972 entstand auch eine Schriftsprache mit lateinischen Buchstaben.“ Nuruddin Farah in seinem Roman „Jenes andere Leben“, Suhrkamp 2016 (S. 213/214)

Straßenkinder

In der Metropole Accra leben etwa vier Millionen Menschen. Viele sind vor der Armut auf dem Land geflohen mit der Hoffnung auf ein regelmäßiges Einkommen in der Hauptstadt. 75 Prozent der schätzungsweise 90.000 Straßenkinder leben ohne Erwachsene und arbeiten als Lastenträger, Karrenschieber, Abfallsammler, Schuh- oder Autoputzer oder verkaufen Wasser und Lebensmittel.

Der ghanaische Autor Kwei Jones Quartey (wuchs in Accra auf, praktiziert heute als Arzt in den USA) schildert eindringlich in seinem (Kriminal-)Roman „Accra“ (Lübbe 2012) die Lebensverhältnisse der Straßenkinder von Accra. Viele davon sind aus dem Norden des Landes zugewandert. Ohne familiäre oder staatliche Hilfe sind die Kinder oft völlig auf sich allein gestellt. Sie leben unter menschenunwürdigen Bedingungen auf Müllkippen. Manche sind ohne Eltern aufgewachsen, manche wurden von ihren Verwandten verstoßen. Quartey verzichtet weitgehend auf sensationsheischende Effekte. Dadurch wird der Alltagsstress der Straßenkinder und der oft sehr jungen Prostituierten, die vor allem mit dem Überleben beschäftigt sind, deutlich. Für die Mädchen und Jungen aus dem Norden Ghanas haben viele Einwohner Accras nichts als Verachtung übrig. Sie behaupten, dass die Kinder an dem Schmutz und den Krankheiten in der Stadt schuld seien.