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Beitrag vom 16.10.2018

FAZ

Märkte

Christian Borgemeister, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn

Ein Forscher über die revolutionäre Rolle der Märkte und der Gen-Technik

Herr Borgemeister, Sie haben 16 Jahre in Afrika gelebt, haben Dörfer wie Nkolemfumu gesehen. Woran mangelt es?

Die mangelnde Verknüpfung mit anderen Märkten ist ein riesiges Problem, überall in den ländlichen Gebieten Afrikas. Sie haben dort Regionen, die Brotkörbe dieser Länder, die nicht an die Infrastruktur der urbanen Märkte angeschlossen sind. […]

Sind Konzerne für Afrika ein Entwicklungstreiber – oder eine Gefährdung?

Ich möchte das nicht an den Konzernen festmachen. Es existieren technologische Entwicklungen, die ich als sehr vielversprechend ansehe. Ein Crispr-Cas-Bausatz – für die „Gen-Schere“ – kostet nur ein paar tausend Dollar. Solche günstigen technischen Möglichkeiten stellen eine Demokratisierung der Molekulargenetik dar. Ich bin mir sicher, in fünf bis zehn Jahren wird es sehr viele Firmen in Afrika geben, die solche neuen Technologien einsetzen werden. Diese könnten das noch existierende Monopol globaler Saatgutkonzerne brechen.

Glauben Sie, im Jahr 2050 werden noch Strukturen mit den Klein- und Subsistenzbauern bestehen wie Felix Kangwa?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Strukturen und die erzeugten Mengen ändern müssen. Die Länder selbst müssen Interesse daran haben. Insbesondere die Tatsache, dass viele Devisen für Nahrungsimporte aufgewendet werden, sorgt innerhalb der politischen Systeme für einen extremen Druck. Halten Sie sich vor Augen: Der Landwirtschaftsminister hat vielleicht nichts zu sagen, der Finanzminister dafür jede Menge.

Denken Sie, in Afrika haben durch gentechnische Verfahren gezüchtete Pflanzen eine Zukunft, anders als der international abgelehnte „Golden Rice“?

Der goldene Reis wurde hauptsächlich abgelehnt, weil er als unnatürlich verändert angesehen wurde. Wenn sie andere Methoden einsetzen, die traditionelleren Verfahren, wird das anders wahrgenommen. Es existiert eine sehr rotfleischige Süßkartoffel. Die ist keine transgene Varietät und wurde vollständig akzeptiert.

Apropos Akzeptanz, in Deutschland wurden Neonikotinoide verboten.

Dazu erschien ein Artikel in „Science“, demzufolge sind die Produkte, die jetzt als Ersatz für die Neonikotinoide eingesetzt werden, deutlich gefährlicher für Hummeln. Das Ganze ist – ich hasse das Wort, aber es ist wirklich wahr – wesentlich komplexer, als sich viele Politiker das denken.

Das Interview führte Erik Hecht.