Beitrag vom 06.06.2017
FAZ
Afrikas überhöhte Steuerlast
Die Wirtschaft setzt auf mehr Unterstützung aus Berlin für ihre Geschäfte
mas. BERLIN, 5. Juni. Um Afrika zu entwickeln und deutsche Unternehmen auf dem Nachbarkontinent zu unterstützen, muss die Bundesregierung aus Sicht der Wirtschaft mehr liefern als warme Worte und internationale Konferenzen. Insbesondere der Mittelstand sieht sich angesichts der „teilweise herausfordernden Rahmenbedingungen“ im Stich gelassen. Den Unternehmen geht es um Investitionssicherheit, wettbewerbsfähige Finanzierungen und einen Schutz vor übermäßiger Besteuerung. Anfang nächster Woche lädt die Bundesregierung im Rahmen ihrer Präsidentschaft in der Gruppe der zwanzig großen Wirtschaftsnationen (G20) zur Konferenz „Partnerschaft mit Afrika“.
„Afrika wächst seit Jahren stärker als die Weltwirtschaft. Aber noch immer hat der Kontinent enormen Aufholbedarf“, sagte der Vorsitzende der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (Safri), Heinz-Walter Große, dieser Zeitung. Entgegen dem Trend ging der deutsch-afrikanische Außenhandel 2016 um 2,4 Prozent auf 41,2 Milliarden Euro zurück. Die deutschen Importe aus Afrika sanken wegen der niedrigen Rohstoffpreise um 9,6 Prozent auf 16,6 Milliarden Euro. Die deutschen Exporte nach Afrika legten dagegen um 3 Prozent auf 24,6 Milliarden Euro zu. Die gesamten deutschen Direktinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent werden auf 8,6 Milliarden Euro beziffert, mehr als 60 Prozent entfallen davon allein auf Südafrika.
Nach Großes Worten gibt es eine gewisse Zurückhaltung deutscher Unternehmen gegenüber Afrika. Grund seien die teilweise schwierigen Rahmenbedingungen vor Ort. Daher würden insbesondere mittelständische Unternehmen noch immer abgeschreckt. Sie hätten anders als größere Unternehmen weniger Möglichkeiten, Risiken zu identifizieren und zu steuern. Die Finanzierung der oft langen Vorlauffristen von Geschäften sei gerade für sie eine große Herausforderung. „Hier braucht die deutsche Wirtschaft die Unterstützung der Bundesregierung“, betonte der Manager, der im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der B. Braun Melsungen AG ist.
Der Safri-Vorsitzende mahnte eine Bündelung der Afrika-Initiativen der Ministerien an. Tatsächlich gibt es drei verschiedene Ansätze: Das Entwicklungsministerium wirbt für einen Marshallplan für Afrika. Das Wirtschaftsministerium legte ein eigenes Papier mit dem Titel vor: „Pro! Afrika – Perspektiven fördern, Chancen nutzen, Wirtschaft stärken“. Das Finanzministerium arbeitet unter der wenig eingängigen Überschrift „Compact with Africa“ an einem Konzept, das reformwillige Regierungen stärkt.
Wenige Tage vor der dem Nachbarkontintent gewidmeten G-20-Konferenz in Berlin hat die Initiative der Wirtschaft ein Diskussionspapier erarbeitet: „Mehr Wirtschaft mit Afrika – Was die Politik beitragen kann“. Darin findet sich die Forderung, die Außenwirtschaftsförderung und die Entwicklungszusammenarbeit enger zu verzahnen. Vor allem die Länder des afrikanischen Kontinents sollten verstärkt unterstützt werden, die von ihrem wirtschaftlichen Potential und aufgrund ihrer politischen Verantwortung in der Lage seien, nachhaltige Entwicklungserfolge zu erzielen und regionale Ausstrahlungseffekte zu erzeugen.
Die Wirtschaft dringt darauf, dass Berlin die Zahl der Doppelbesteuerungsabkommen mit Afrika erhöht und bestehende Abkommen aktualisiert. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU), sich der Sache anzunehmen. Es gebe in Afrika 54 unterschiedliche Steuersysteme, „die nicht ansatzweise harmonisiert sind“, argumentierte der Verband. Einen gewissen Schutz vor überzogenen Besteuerungen lieferten Doppelbesteuerungsabkommen. Derzeit habe Deutschland aber nur mit zwölf afrikanischen Staaten ein solches Abkommen, mit drei weiteren werde verhandelt. „Das ist zu wenig“, heißt es in seinem Positionspapier.
Wie Karl Seeleitner von der Krones AG im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet, ziehen Geschäfte in Afrika besonders oft überhöhte Steuerlasten nach sich. Häufig erhöben Regierungen einfach Steuern auf Zahlungen ins Ausland. Die Sätze bewegten sich zwischen 5 und 20 Prozent vom Umsatz. „Wenn Sie das umrechnen, müssten sie im Extremfall 80 oder 90 Prozent Umsatzrendite haben, um auf eine normale Steuerlast zu kommen“, sagte der Leiter der Steuerabteilung bei dem Hersteller von Getränkeabfüllautomaten. „Das hat der Maschinenbau nicht.“ Zugleich sei in Deutschland die Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern „sehr mangelhaft“. Andere Länder seien in diesem Punkt wesentlich großzügiger, beispielsweise die Vereinigten Staaten und Japan.