Beitrag vom 22.02.2017
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Afrika wurde durch unsere Mittel noch abhängiger
Prof. Dr. Hans F. Illy
Politik- und Verwaltungswissenschaftler i. R.
Mit unseren Hilfen haben wir Afrika mental und finanziell abhängig gemacht
Statt Entwicklungsmaßnahmen zu fördern, bereichert sich die politische Elite
Transfers an Regierungen müssen wir reduzieren, den Privatsektor aber stärken
Seit 55 Jahren unterstützen wir die afrikanischen Regierungen mit Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit. Unseren Steuergeldern. Die neuere Logik der deutschen Regierung lautet: Schaffen wir es, genug Geld in afrikanische Länder zu pumpen, können wir den Flüchtlingsstrom nach Deutschland eindämmen. Das ist blauäugiger Optimismus. Mit unseren Hilfen haben wir Afrika bisher nicht nachhaltig geholfen, wir haben den Kontinent verwöhnt, ihn mental abhängig gemacht. Alles, was wir mit unserem bisherigen Kurs erreicht haben, ist, dass die politischen Eliten meinen, ihre Probleme würden ausschließlich von außen gelöst werden.
Während sich afrikanische Regierungen bereichern, geht das Volk leer aus
Ich habe alle 54 Länder Afrikas bereist. In vielen habe ich geforscht, gelebt, unterrichtet und Projektanalysen erstellt. Von all den Entwicklungsprojekten fällt mir nur eines ein, das wirklich einen nachhaltigen Erfolg hatte: Ein Siedlungsprojekt in Kenia schaffte es, Tausende von Bauern mit ihren Familien in ökonomischer Selbstständigkeit anzusiedeln. Eine Katastrophe machte diesen Erfolg leider zunichte, die Siedlung wurde von einer somalischen Miliz überfallen. Fast 100 Menschen kamen ums Leben. Auch das ist Afrika. Das Prinzip ist jedoch das richtige: Hilfe zur Selbsthilfe. Dieses Motto ist uns allen bekannt. Es war das Hauptziel der deutschen Entwicklungspolitik. Ernst genommen wurde es von beiden Partnern jedoch von Anfang an nicht.
Die primäre Frage ist nämlich nicht, was mit dem Geld geplant wird, sondern wohin das Geld fließt. Bisher senden wir die finanziellen Hilfen überwiegend direkt an die afrikanischen Regierungen. Deren Amtsträger bereichern sich, während das Land selbst leer ausgeht. Diese Komplizenschaft zwischen parasitären Staatsführungen und westlichen Geberorganisationen ist ethisch nicht mehr vertretbar.
Statt sich der Komplizenschaft zu stellen, wird das Problem totgeschwiegen
Dabei hat Afrika alles, was es braucht. Eigene Ressourcen liegen in Form von Öl- und Mineralienvorkommen vor. Auch werden in Afrika zum Beispiel viele Ärzte und Krankenschwestern ausgebildet. Doch wandern diese Arbeitskräfte oft ab, weil sie in ihrem Land keine Zukunft für sich sehen. Hier liegt ein weiteres Problemfeld: Zwar vergibt Deutschland viele Studienstipendien, doch können wir sichergehen, dass diese Nachwuchskräfte auch wieder in ihr Land zurückkehren, um es mit ihrem Know-how zu unterstützen? Wir, die Unterzeichner des „Kölner Memorandums“, plädieren daher dafür, dass der Fokus der Entwicklungshilfe überwiegend auf die Aus- und Weiterbildung von Führungskräften und damit auch auf die Wirtschaft der jeweiligen Länder gelegt wird.
Hier bieten sich insbesondere Kooperationen mit Unternehmen vor Ort an. Deutsche Firmen könnten mit afrikanischen Unternehmern intensiver zusammenarbeiten. Das würde zu gleich zwei positiven Effekten führen: Zum einen ließe sich gezielt die Unternehmerschicht auf dem Kontinent stärken, und zum anderen würden Arbeitsplätze entstehen. Der derzeitige Plan der deutschen Regierung beinhaltet eine primäre Unterstützung von „reformbereiten afrikanischen Regierungen“. Sagen Sie mir, welche afrikanische Regierung ist nicht reformbereit, wenn es um Geld geht? Statt dieses Problem des Bereicherungsinteresses von afrikanischen politischen Eliten jedoch offen anzusprechen, wird es totgeschwiegen und durch weitere finanzielle Hilfen sogar noch verschlimmert. Das einzig Sinnvolle, das wir für Afrika tun können, wäre, uns so weit wie möglich von den Regierungen zurückzuziehen und uns Partner zu suchen, mit denen deutsche Unternehmen kooperieren können. Unser Hauptansatz sollte das gezielte Schaffen von Arbeitsplätzen sein. Hilfe zur Selbsthilfe eben.
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Prof. Dr. Hans F. Illy ist Professor der Politik- und Verwaltungswissenschaften im Ruhestand. Seit 1965 ist er durch seine Tätigkeit in Forschung, Lehre und Beratung mit der Entwicklungspolitik verbunden. Illy hat bereits alle Länder Afrikas besucht, auf dem Kontinent gelebt und dort junge Menschen ausgebildet. Er ist Mitunterzeichner des „Kölner Memorandums: Bloß keinen Marshallplan für Afrika!“, das die regierungsoffizielle deutsche Entwicklungspolitik kritisch unter die Lupe nimmt.