Beitrag vom 18.08.2011
ARD Tagesschau
Spenden-Kampagne auf eigenem Kontinent
Afrikanische Staatskassen bleiben verschlossen
Während viele Kenianer ihren letzen Schilling spenden, um den Menschen in den Dürregebieten zu helfen, wächst der Druck auf die Politiker in Afrika. Hilfsorganisationen haben eine Kampagne gestartet und fordern von den Regierungen des Kontinents Zusagen in Höhe von 50 Millionen US-Dollar. Denn viele könnten es sich leisten.
Von Marc Engelhardt, ARD-Hörfunkstudio Nairobi
Jeder Schilling zählt bei den Sammlungen, die derzeit überall in Kenia stattfinden. Ob bar, in Naturalien oder per Mobiltelefon, wer jenseits der Dürregebiete lebt und nur irgendetwas entbehren kann, der spendet für die Hungernden und sei es nur, weil er sich schämt, dass in der reichsten Nation Ostafrikas Menschen verhungern. "Die Hungernden leben unter unakzeptablen Bedingungen", sagt der Chef von Kenias Rotem Kreuz, Abbas Gullet. "Als eine Nation, die ein halbes Jahrhundert unabhängig ist, können wir auf das, was sich derzeit abspielt, wirklich nicht stolz sein."
Unrühmliche Rolle der afrikanischen Politiker
Nicht nur in Kenia, überall in Afrika wächst der Unmut darüber, dass afrikanische Politiker auch in dieser Krise eine höchst unrühmliche Rolle spielen. Bei Gipfeltreffen wie jenem, das derzeit in Rom stattfindet, fordern afrikanische Regierungen immer wieder Hilfen der reichen Nationen - und sagen selbst nichts zu, obwohl es sich so mancher afrikanische Staat leisten könnte. Das denkt zumindest Irungu Houghton, Afrika-Direktor der Hilfsorganisation Oxfam: "Länder wie Nigeria, Südafrika oder Algerien sollten problemlos mindestens sechs Millionen Dollar Hilfe aufbringen können."
Spenden von vier afrikanischen Staaten
Doch Afrikas Staatskassen bleiben trotz der Katastrophe am Horn des Kontinents fest geschlossen. Nur vier der 53 afrikanischen Staaten haben bisher überhaupt für die Dürreopfer gespendet - Kenia, Botswana, Namibia und Südafrika, das eine Million Dollar auf den Tisch gelegt hat - der Spitzenbetrag. "Zu wenig", findet Houghton. "Für eine Katastrophe dieses Ausmaßes reicht das nicht. Kenianische Bürger haben in nur zwei Wochen fast das dreifache gesammelt. Südafrika ist ein reiches Land, deshalb sollte es eine Vorreiterrolle spielen, damit auch andere ausreichend Hilfe leisten."
Verdienen an der Dürre?
"Afrikaner tut etwas für Afrika" - so lautet die Kampagne, der sich auch viele Künstler angeschlossen haben. "Hi, was gibt's, ich bin's, Nameless aus Kenia", der Rapper ist nur einer von Vielen, die Bewegung in Afrikas politischer Klasse fordern."Tut etwas für Afrika."
Doch Helfer wie Abbas Gullet sind skeptisch, dass sich Afrikas Politiker freiwillig für die Dürreopfer engagieren werden. "Manche sollen sogar an der Dürre verdienen", sagt Gullet. Andere hätten die Dürre lange systematisch verharmlost. "Im Januar haben wir schon einen Aufruf gestartet und gesagt: Wir brauchen Hilfe. Und wir haben die Regierung gebeten, die Dürre zu einer nationalen Katastrophe zu erklären. In ihrer damaligen Weisheit war sie dazu nicht bereit. Zwei Minister haben sogar gesagt: Es gibt genug Nahrungsmittel in Kenia, niemand wird in diesem Jahr Hunger leiden."
Aktivisten drohen Regierungen mit Bloßstellung
Umso genauer wollen die afrikanischen Aktivisten in den kommenden Wochen hinsehen. Sie verlangen von Afrikas Regierungen Zusagen über mindestens 50 Millionen US-Dollar - angesichts eines Gesamtbedarfs von noch 1,4 Milliarden Dollar sei das keine große Summe, so Houghton. "Bis zum Gipfel der Afrikanischen Union in der kommenden Woche werden wir genau auflisten, welches Land wie viel zugesagt hat. Und wenn es nicht genug ist, dann werden wir weiter Druck machen und sie vor der ganzen internationalen Gemeinschaft bloßstellen."