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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 13.07.2021

Achgut.com

Viel ankündigen, wenig umsetzen: Gerd Müller

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) soll Chef der UN-Organisation für Industrielle Entwicklung (Unido) werden. Doch bislang erzeugte er mit seiner Politik in Afrika unerfüllbare Wunschvorstellungen.

von Volker Seitz

Die FAZ meldete heute: Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) soll Chef der UN-Organisation für Industrielle Entwicklung (Unido) werden. Das Lenkungsgremium der Organisation habe Müller für den Posten des Generaldirektors nominiert, teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Montagabend mit.

Das wirft Fragen auf. Wenn man die Politik von Entwicklungsminister Müller näher betrachtet – er ist seit 9 Jahren im Amt –, ergeben sich viele Unklarheiten. Er erzeugt mit seiner Politik in Afrika unerfüllbare Wunschvorstellungen. Warum belässt er es immer bei Ankündigungen, anstatt detaillierte Fortschrittsberichte über Aktivitäten in konkreten Ländern vorzulegen?

Er wiederholt seit Jahren sein Mantra: „Wir haben das Wissen und die Technologien, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen, allein mir fehlen dazu die erforderlichen Milliarden.“

Der Minister hat reichlich Geld zur Verfügung

Warum ist dies nicht einmal ansatzweise in den letzten 60 Jahren gelungen, in denen schon viele Milliarden DM/Euro und Dollar für Entwicklungsaufgaben geflossen sind, insbesondere nach Afrika ? Müller gibt seit Jahren nie eine Antwort auf diese simple Frage, obwohl wir doch in unserer Strategie viel falsch gemacht haben müssen.

Müller fragt nicht, was ist, sondern weiß es bereits beziehungsweise glaubt es zu wissen. Man kann ihn auch nicht überzeugen, weil er seinen Glauben gegen rationale Argumente imprägniert hat. Er hat keinen einzigen Gedanken zu bieten, den man in den letzten neun Jahren noch nicht von ihm gehört hätte.

Den immer noch aktuellen Klassiker „Weder arm noch ohnmächtig“ von Axelle Kabou hat er vermutlich nie gelesen.

Der frühere Afrika-Korrespondent des Spiegel, Horand Knaup, schrieb am 3. August 2020 treffend für das Publik Forum:

„Wo immer Müller auftritt, könnte man meinen, der Papst spricht. ‚Afrika ist nicht arm, wir haben es arm gemacht‘, sagt er dann. Oder: ‚Jedes Kind, jeder Hungernde könnte überleben.' Beliebt ist auch die Forderung: ‚Wir müssen andere an der Entwicklung, unserem Wohlstand teilhaben lassen. Wenn heute zehn Prozent der Weltbevölkerung 90 Prozent des Vermögens besitzen, haben wir ein Verteilungsproblem.' Dass Müller viel ankündigt und wenig umsetzt, wer verfolgt es also? Auch dass er zwar regelmäßig seinen Parteifreunden widerspricht, aber zumeist als Verlierer vom Platz geht, fällt nicht weiter auf ... Der Minister hat reichlich Geld zur Verfügung. Und die Hilfsorganisationen sichern sich damit Projekte und Stellen – zumal die öffentlichen Mittel für ihre Arbeit inzwischen ungleich wichtiger sind als die Spenden. Das Spendenaufkommen stagniert seit Jahren, während die öffentlichen und internationalen Mittel unablässig wachsen.“

Bleiben die weiteren Fragen:

1. Warum schickt Deutschland stets die zweite Garnitur in internationale Gremien? Die Franzosen und Engländer schicken ihre Besten dahin.

2. Was qualifiziert Müller für dieses Amt? Industrie ist doch das Gegenteil von Entwicklungshilfe.

3. Warum ist die Wirklichkeit besser als Satire?

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Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“ – ein Afrika ABC in Zitaten.)