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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 29.04.2020

Achgut.com

Wird so die Korruption in Afrika bekämpft ?

von Volker Seitz

Die F.A.Z. berichtete heute am 29. April 2020, dass Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) den Rückzug aus einem Drittel der 85 Länder plant, die heute durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Hilfe bekommen. „Die Neukonzeption führe dazu, dass wir uns aus der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zurückziehen“. Erstmals gibt der Minister zu, dass die bisherige Entwicklungshilfe mit der „Gießkanne“ verteilt wurde, ohne auf Reformen zu drängen. Endlich will Müller auch die Korruption bekämpfen.

Bereits 2016 kamen eine Gruppe von Wissenschaftlern und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die für das Ministerium die staatliche Entwicklungshilfe durchleuchtet haben, zu dem Schluss, dass gerade im BMZ die Korruptionsbekämpfung sehr vernachlässigt wird. Die Prüfer konstatieren „diverse Lücken in der Einbindung von Antikorruption in Dokumente und Prozesse“ des Ministeriums. Es herrsche

„teilweise Unklarheit über Regeln und Berichtswege sowie das konkrete Vorgehen bei Korruptionsfällen“. Dennoch behauptete BMZ-Minister Müller bis vor kurzem: „Die deutsche Entwicklungshilfe ist stets an die Bedingung geknüpft, dass kein Euro in korrupte Kanäle verschwindet. Es werden nur Länder unterstützt, die sich um Rechtsstaatlichkeit bemühen und in denen die Ausbeutung ihrer Ressourcen nicht völlig an der einheimischen Bevölkerung vorbei geschieht.“

Das war noch nie so.

Haupteinnahmequelle Heroin-Handel

In der Ausstiegs-Liste stehen 27 Länder, aber nur vier afrikanische Staaten (Burundi, Liberia, Guinea, Sierra Leone). Mich interessiert vor allem Afrika, weil dort die meiste Hilfe ausgegeben wird. Diese Länder belegen im weltweiten Korruptionsindex von Transparency International die Ränge: 165, 137, 130 und 119. Warum jedoch hochkorrupte Länder wie die Demokratische Republik Kongo (TI Index 168 ), Kongo Brazzaville (165 ), Tschad (162), Kamerun (153 ) und vor allem Mosambik (146 ) fehlen, verstehe ich nicht. Möglicherweise ist Mosambik nicht auf der Liste, weil Müller erst am 26. August 2018 in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo war und die dortige Korruption nicht bemerkt hat. Warum Minister Müller ausgerechnet dieses Land besucht, dessen Haupteinnahmequelle mittlerweile der Heroinhandel ist, bleibt sein Geheimnis.

Thilo Thielke erinnerte in der F.A.Z. vom Vortag des Besuches (25. August 2018) in dem Beitrag „Pleitegeier aus Maputo“ daran, dass das „Land trotz seines Reichtums an Bodenschätzen kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps steht. 2016 ist bekannt geworden, dass die Regierung rund 2,3 Milliarden Dollar veruntreut hat. Das unter anderem von der Credit Suisse und der russischen VTB-Bank geliehene Geld war an halbstaatliche Firmen ausgezahlt worden, um davon eine Fischfangflotte, maritime Rüstungsgüter und Polizeiausrüstung zu erwerben. Nichts davon wurde angeschafft.

Das Geld verschwand, so schreibt Thielke, in den Taschen korrupter Politiker, die den Internationalen Währungsfonds (IWF) jahrelang über die Staatsschulden belogen hätten... „Nach Recherchen des britischen Mosambik-Experten Joseph Hanlon, der von Gastrow befragt wurde, hatte der ehemalige Staatspräsident Joaquim Chissano, der das Land von 1986 bis 2005 regierte, zu seiner Zeit als Frelimo-Sicherheitschef das Drogennetz aufgebaut. Mittlerweile existiert laut Gastrow‘ ein Elite-Pakt zwischen Händlern und Frelimo-Leuten, der bis in die obersten Kreise reicht‘. So sei einer der obersten Drogenbarone des Landes Frelimos ‚ausgewiesener Wirtschaftsvertreter‘ Momade Rassul Abdul Rahim. Gastrow schreibt: ‚Er kann sich auf Protektion von höchster Stelle verlassen.'“Thielkes Resümee: „Das Land ist korrupt bis ins Mark.“

Wenn das BMZ und Minister Müller nur vier afrikanische Staaten auf die Ausstiegsliste setzt, dann halten wir mit unserer Entwicklungshilfe weiter korrupte Regime am Leben. Korruption schadet der Allgemeinheit. Zu den Konsequenzen der Korruption gehören überhöhte Preise und der Verlust von Vertrauen. Investoren werden abgeschreckt. Wachstumschancen werden zerstört. In keinem afrikanischen Land haben die Bürger oder Parlamente Zugang zu Dokumenten über Staatsaufträge und Verträge der Regierung. Transparenz und Rechenschaftspflicht des Regierungshandelns sind nicht gegeben. Deshalb können Bürger ihre Regierung und öffentliche Institutionen nicht zur Verantwortung ziehen.

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Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Drei Nachauflagen folgten 2019 und 2020. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.