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For a different development policy!

Beitrag vom 04.07.2019

Tichys Einblick

GESCHÄFTE MIT DER ARMUT

von Volker Seitz

Eindrücklicher als NoViolet Bulawayo in ihrem Roman "Wir brauchen neue Namen" ( Suhrkamp, 2016 ) kann man das ganze Dilemma um die Entwicklungshilfe nicht beschreiben. Deshalb beginnt dieser Artikel mit einem langen Buchauszug:

„Die NGO-Leute steigen aus, alle fünf. Es sind drei Weiße, zwei Frauen und ein Mann, denen sieht man gleich an, dass sie nicht von hier sind, und Sis Betty, die ist von hier. Sis Betty spricht unsere Sprachen, ich glaub, sie hat die Aufgabe, uns die Weißen zu erklären und die Weißen uns. Und der Fahrer ist wahrscheinlich auch von hier. Abgesehen davon, dass er fährt, sieht er nicht wichtig aus. Außer ihm tragen alle Sonnenbrillen, Augen gucken uns an, und wir können sie nicht richtig sehen, weil sie sich hinter einer Wand aus schwarzem Glas verstecken...Sobald wir sitzen, fängt der Mann mit seiner großen Kamera an zu fotografieren. Die machen einfach gern Fotos, diese NGO-Leute, wie echte Freunde und Verwandte irgendwie, die sich später zu Hause mit ihren anderen Freunden und Verwandten die Bilder angucken, auf uns zeigen und unsere Namen sagen. Es schert sie nicht, dass der Dreck und die zerfetzten Kleider uns peinlich sind, dass es uns lieber wäre, wenn sie das sein lassen; sie knipsen trotzdem, knips knips knips. Wir meckern nicht, weil wir wissen, dass nach dem Knipsen die Geschenke dran sind...Jeder von uns kriegt ein Spielzeuggewehr, ein paar Süßigkeiten und was zum Anziehen; ich krieg ein T-Shirt mit dem Wort Google vorne drauf und ein rotes Kleid, das unter den Achseln kneift...Viel danke, sag ich zu der hübschen Frau, die mir meine Sachen gibt, um ihr zu zeigen, dass ich Englisch kann. Sie sagt nichts zurück, als hätte ich irgendwie nur gebellt...Los wir spielen Krieg, und schon laufen wir und legen uns gegenseitig um mit unsere nagelneuen Spielzeuggewehren aus Amerika.

Das größte Kapital mancher Länder in Afrika sind nicht der Boden oder die Rohstoffe. Es ist die arme Bevölkerung, denn sie sorgt dafür, dass weiter Entwicklungshilfe ins Land fließt. Je bedürftiger ein Land ist, desto mehr können die Regierenden kassieren. Regierungen erhalten leichter internationale Unterstützung und können sich an der Macht halten, wenn ihre Bevölkerung arm, ungebildet und unselbständig bleibt. Armut ist ein Trumpf bei den Forderungen nach Entwicklungshilfe. Entwicklungshilfe wirkt wie eine Belohnung für schlechtes Regierungshandeln.Afrikanische Politiker, oft von deutschen Gesinnungsethikern unterstützt, führen die Misere in ihren Ländern ausschließlich auf zuwenig Hilfe zurück, um als Opfer von ihrem eigenen Versagen abzulenken.

In 17 Jahren in Afrika habe ich beobachtet, dass die afrikanischen Länder, die am meisten Entwicklungshilfe erhalten, am wenigsten gegen die Armut unternehmen. Die Entwicklungshilfe eines der wichtigsten Instrumente , mit denen sich korrupte und inkompetente Regime in Afrika an der Macht halten. Zahlose Kinder haben noch nie gesehen, wie Wasser aus einem Hahn fließt. Von wirtschaftlichem Aufschwung in einigen Länderen profitiert nur eine politisch gut vernetzte Elite.

Die Armen werden gerne unter Missachtung des Subsidiaritätsprinzips widerspruchslos der Fürsorge der Industrieländer überantwortet. Dies enthebt den Staat der Notwendigkeit, selbst für eine nachhaltige Entwicklung zu sorgen. Wenn das Geld der Geber bedingungslos sprudelt, gibt es keinen Grund, an diesem Zustand etwas zu ändern.

Großes Interesse am Schönreden

Hilfsorganisationen haben ein großes Interesse, die politischen Verhältnisse schön zu reden, um an weitere Mittel zu kommen. Jeder weiß: wenn es auf der Führungsebene an persönlicher Integrität fehlt, wenn es keine konsequente Bemühung um gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und die Sicherung der bürgerlichen Freiheitsrechte gibt, dann werden unsere Steuergelder einfach in den Sand gesetzt.

Der Politikwissenschaftler und Afrika-Experte Prof. Dr. Hans Illy fragt sich: „Warum muss die Kanzlerin für drei Tage nach Afrika fliegen, um in die Anrainerstaaten südlich der Sahara Millionenbeträge für "die Bekämpfung der Fluchtursachen" zu überbringen ? Sind nicht diese Präsidenten erst vor wenigen Monaten in Berlin gewesen und haben dort ohne die geringsten Hemmungen klar gesagt, dass ja eigentlich viel größere Summen vonnöten seien ? Wohin wird dieses Geld fließen ? Wohl zuallererst in die weitere Aufrüstung der Armeen und Polizeikräfte dieser Ländergruppe, zum Teil aber auch in die Taschen dieser Präsidenten und ihrer Machtcliquen. Es verdichten sich die empirisch bestätigten Informationen, dass die große Mehrheit der afrikanischen Präsidenten inzwischen Milliardäre geworden sind und im Begriff sind, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiter zu bereichern. Sie besitzen Luxusimmobilien in westlichen Ländern und dort auch dicke Bankkonten.

Die Entwicklung Afrikas kann nicht über die zutiefst korrupten Regierungen laufen.

Illys Kritik geht weiter: "Diese Realitäten sind in der sog."Entwicklungszusammenarbeit" umfassend tabuisiert. Man tut so als würden unsere sog. "Partner" die gleichen Ziele verfolgen wie wir: eine menschenwürdige und nachhaltige Entwicklung des afrikanischen Kontinentes.

Das genaue Gegenteil ist aber der Fall; 60 Jahre Erfahrung haben dies eindeutig gezeigt. Wir Bürger (und unsere Abgeordneten !) müssten der Regierung verbieten,Steuergelder für die Steigerung der repressiven Kapazität dieser Länder auszugeben und dies dann als "Entwicklungsbeiträge" auszugeben. Auch die Präsenz der Bundeswehr in den südlichen Anrainerstaaten der Sahara wird sehr wahrscheinlich keine positiven Effekte zur Eindämmung des Migrationsproblems produzieren.Sie leistet allerdings einen Beitrag zur Legitimierung der geopolitischen Interessen Frankreichs in der Region: Uran aus Niger für ihre Atomkraftwerke, Militärbasen im Tschad etc.

Die Entwicklung Afrikas kann nicht über die zutiefst korrupten Regierungen laufen; sie liegt in der Hand der jeweiligen Zivilgesellschaften. Diese verdienen unsere Unterstützung, aber nur, wenn sie es selbst wünschen. Wir müssen den Willen zur selbstgesteuerten Entwicklung respektieren - Afrika hat genug materielle und humane Ressourcen - und dürfen uns nicht - wie über 60 Jahre geschehen - weiter schamlos aufdrängen.“

Und der langjährige Sprecher des BMWi, BDI und der GTZ (heute GIZ) Volker Franzen wundert sich über die Erkenntnisse einer offensichtlich Afrika wenig erfahrenen Journalistin des Bonner Generalanzeigers (GA): „Es ist schon bemerkenswert, zu welchen großartigen Erkenntnissen man kommt, wenn man die Kanzlerin auf einer Reise in die Sahelstaaten Afrikasbegleitet. So ist es der Berliner Korrespondentin Kristina Dunz offensichtlich auch ergangen.Da liest man dann in ihren Berichten Sätze wie: „Die Straßen in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou sind staubig, die Sonne brennt vom Himmel, und schon auf dem kurzen Weg vom Flughafen zum Präsidentenpalast ist klar: die deutsche Millionen-Hilfe für die Entwicklung des Landes ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“ (GA 3. Mai „Auf dem Pulverfass“) Oder über die Republik Niger: „Dort leben Menschen in Hütten und waschen sich im dreckigen Fluss. Der Gegensatz zu Deutschland könnte nicht krasser sein.“ (GA 4./5. Mai „Erheben Sie Ihre Stimme“) Das sind wahrhaftig unglaubliche Erkenntnisse, die man der Bevölkerung im Bonner Raum via General-Anzeiger dringend mitteilen muss.

Wirklich interessant wäre gewesen, wenn Frau Dunz beispielsweise über den Niger berichtet hätte, dass dieses Land eines der ärmsten Länder der Welt ist und es dort die weltweit höchste Geburtenrate gibt, dass die Korruption extrem hoch ist und die politische Führung des Landes über beachtliche Vermögen verfügt.

Dass der Niger „Flüchtlinge aufnahm, die in Libyen gestrandet waren“, ist sicher lobenswert. Ob das schon die „Hochachtung“ von Frau Merkel „für das Land und seinen Präsidenten Mahamadou Issoufou“ rechtfertigt, ist wohl eher fraglich. Diese Einschätzung der Kanzlerin färbt aber offensichtlich auf die Berichterstattung über diese Reise ab.“

Nkosazama Dlamini-Zuma ehemalige Präsidentin der Kommission der Afrikanischen Union- hat mit bislang nicht bekannter Offenheit geäußert, dass 97 Prozent der Entwicklungsprogramme innerhalb der afrikanischen Staatengemeinschaft von ausländischen Gebern finanziert werden. Warum sollen sich ausländische Geber mehr um das Wohlergehen der Afrikaner kümmern als die afrikanischen Regierungen selbst?

Es wurden und werden in Afrika zu wenig eigene Lösungsansätze für die erheblichen Probleme entwickelt und dann auch wirklich angepackt. Leider haben sich viele Afrikaner damit abgefunden, dass für sie gedacht und entschieden wird. Deshalb richten Eingriffe von außen unter der Flagge der Wohltätigkeit in Afrika mehr Schaden als Nutzen an. Das Barmherzigkeitsbusiness hat ein Interesse daran, dass es für die institutionalisierte Hilfe ein dauerhaftes Abhängigkeitsverhältnis gibt. Die gesamte Entwicklungsdiskussion für Afrika wird von Autoren bestritten, die stark mit der Betreuungsindustrie verbunden sind. Diese haben natürlich kein Interesse, ihre Daseinsberechtigung in Frage zu stellen. Durch diese institutionalisierte Hilfe gibt es wenig Anreize für Afrika, eigene Lösungen zu suchen. So bleibt das System der Unmündigkeit auf Dauer erhalten. Afrikas Problem ist zudem ja nicht nur, funktionierende Staaten und Institutionen aufzubauen. In Europa und Asien haben entwickelte Mittelklassen hinter Entwicklung und Demokratie gestanden. Die gibt es in Afrika oft erst in Ansätzen.

Warum ist es für die westliche Öffentlichkeit so schwer, selbständig handelnde Menschen in Afrika zur Kenntnis zu nehmen?

Mantraartig erheben mehr oder weniger prominente Menschen mit ihrem Scheinwissen und frei von Zweifeln ihre Stimme und behaupten, dass Afrika unsere Hilfe braucht. Obwohl die Hilfe ganz offensichtlich nicht viel eingebracht hat, soll sie permanent erhöht werden.In über fünf Jahrzehnten ist deshalb ein Hilfsindustriezweig mit gut bezahlten Entwicklungshelfern entstanden, die natürlich nicht für ihre Selbstabschaffung arbeiten. Afrika wird mit Hilfe überschüttet, die die Bevölkerung abhängig hält. Kein Land der Welt hat dank Programmen, die von Entwicklungshilfegebern finanziert werden, die Armut überwunden. In den Ländern, denen das gelungen ist, sind der Privatsektor und das institutionelle Umfeld stark. Es sind nicht die Budgets der Entwicklungshilfe, die einem Land Wachstum bescheren.

Ein sinnvoller Aufbau eines Landes in Afrika ist nur möglich, wenn Hilfeempfänger artikulieren, wie sie sich die Zukunft vorstellen, und zwar nicht nur der Präsident und einige Privilegierte. Politik beginnt mit dem Nachdenken darüber, ob und wie man Ziele erreichen kann. Das ist während meiner vielen Jahre in Afrika kaum geschehen und ist auch heute in Afrika nicht verbreitet. Entwicklungshilfe darf nicht weiterhin Dauerhilfe sein und nicht die originär staatlichen Aufgaben wie Bildung und Gesundheitsversorgung übernehmen, denn unendliche Milliardenzahlungen aus dem Ausland zementieren die Abhängigkeit der Regierung.

Dauerhilfe verlangsamt Entwicklung

Dauerhilfe verhindert, dass die Regierung gegenüber der Bevölkerung Rechenschaft ablegt und verlangsamt eine nachhaltige Entwicklung. Es geht darum Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Nichts wäre schlimmer, wenn sich die Länder weiterhin an die Versorgungskultur durch den Westen gewöhnen, ohne selbst größere Bildungsanstrengungen zu unternehmen. Ohne ein Mindestmaß an Wissen werden sie sich nicht weiterentwickeln. Es ist die Pflicht und Schuldigkeit eines jeden Staates, hierfür die Grundlagen zu schaffen.

Andrea Böhm schrieb im Mai 2013 (heute noch so aktuell wie damals) in der Zeit: "Warum ist es für die Bonos und Madonnas – und damit auch für die westliche Öffentlichkeit – immer noch so verdammt schwer, selbständig handelnde Menschen in afrikanischen Ländern zur Kenntnis zu nehmen? Es geht ja nicht darum, deren oft existenzielle Probleme zu leugnen. Es geht darum, dass dortige Akteure sehr wohl in der Lage sind, diese Probleme selbst darzulegen."

Auch der Kanadier Robert Calderisi, der dreißig Jahre als Afrikasprecher bei der Weltbank tätig war schreibt:“Afrika braucht neue Führer, Ideen, Ansätze und Technologien – das ist dringender, als Geld zur Verfügung zu stellen. ("The trouble with Africa") Entwicklungshilfe muss nicht gänzlich eingestellt werden, aber die Initiative muss von Afrika ausgehen.“

Die wachstumshemmende Machtausübung an höchster Stelle fährt dazu, dass die Möglichkeiten meist nicht genutzt werden. Arme Länder können Technologien von reichen Ländern übernehmen, von dort Wissen importieren, sich an Wirtschaftswunderländern Ostasiens orientieren und damit Wohlstandslücken verringern. Außer Ruanda, Botswana, Äthiopien, Mauritius, Ghana, Namibia und Senegal gibt es wenige Länder mit Aufstiegswillen. Bis heute ist Afrika wegen der selbstgeschaffenen Probleme der Kontinent der verpassten Chancen.

Verknüpfung von Entwicklungshilfe und Migration

Zwar sind die Migrationszahlen derzeit rückläufig, aber wegen des Bevölkerungswachstums und der fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten werden die Menschen weiterhin versuchen das vermeintliche Eldorado Europa zu erreichen. Aber Afrika kann sich nur selbst aus dem Sumpf ziehen. Jedenfalls kann es nicht realistisch sein, Abermillionen afrikanischer Migranten in Europa aufzunehmen. Dass etliche von ihnen z.B. aus den demokratischen Staaten Senegal und Ghana in Westeuropa eine bessere Zukunft suchen, ist zwar verständlich, es geht aber nicht an, dass sie es auf illegale Weise mit Hilfe von Schleppern tun. Das Problem ist, dass Migranten unterschiedslos und oft missbräuchlich unter dem Titel "Asyl" einreisen.

Mitte April 2019 wurde berichtet, dass die Zahl der Asylbewerber erheblich gestiegen ist. Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster wies darauf hin, dass die wenigsten Asylbewerber gültige Ausweispapiere vorlegen, was ihre Abschiebung bei einem negativen Asylbescheid erheblich erschwere. Die WELT zitierte am 28.2. 2019 die Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP . Demnach sind rund die Hälfte aller Abschiebungen seit 2015 gescheitert.

Bilaterale Zusammenarbeit sollte sich auf jene Staaten konzentrieren, die bereit sind, Migrationsfragen gemeinsam anzugehen. Ich denke da auch an Themen wie Rückübernahmeabkommen. Wer von Deutschland unterstützt wird, muss bereit sein, zu kooperieren und das sollte sich zwingend in den Verträgen mit den betroffenen Ländern niederschlagen.

“8,9 Millionen Euro. Das ist ungefähr der Betrag, den Berlin für die hier lebenden fünfzigtausend an sieben Tagen ausgibt. Anstatt vielen vor Ort zu helfen, wird vergleichbar wenigen hier eine teure Versorgung geboten.” So Barbara John bereits am 10.9. 2017 im TAGESSPIEGEL

Rasantes Bevölkerungswachstum ist ein explosives Gemisch

Die Bevölkerung der vier frankofonen Sahel Staaten (Burkina Faso, Tschad, Niger und Mali) wird bis 2050 auf 200 Millionen steigen. Hinzu kommt Nigeria. Allein diese Zone wird 400, vielleicht 500 Millionen Menschen ernähren müssen.

Die Bevölkerung in Nigeria wächst etwa um 14.000 Menschen pro Tag.Versuche in Nigeria eine Geburtenregelung einzuführen, stößt auf heftige Kritik bei den Kirchen und z.B. beim leitenden Mitglied des Obersten Rates der Scharia in Nigeria, Scheikh Ibrahim Umar Ibrahim Kasuwar. Nicht nur in Nigeria findet eine Bevölkerungsexplosion statt, die zwangsläufig zu einer massiven Auswanderung Richtung Europa führt. Wolfgang Drechsler, seit 30 Jahren Afrikakorrespondent für verschiedene Tageszeitungen warnte in einem Interview mit Gabor Steingarts "Morning Briefing" am 30.April 2019: "Bis 2050 werden im Niger etwa 45 bis 50 Millionen Menschen leben. Alle Studien sagen, dass der Niger maximal zehn Millionen Einwohner tragen kann. Bei der Bundesregierung wird das ignoriert. Vielleicht fürchtet man sich vor dem Vorwurf des Neokolonialismus, wenn man Entwicklungspolitik und eine Kontrolle des Bevölkerungswachstums verbindet." Das weiß jeder, der sich mit Afrika eingehend beschäftigt. Diese vielen Menschen werden keine Arbeit finden und werden nach Europa drängen. Solche Wanderungen werden weit mehr Probleme schaffen als sie lösen. Mit beträchtlichem Erfolg gelingt es weiterhin Schlepperbanden angebliche politische Verfolgte nach Europa zu locken. Zumal der materielle Anreiz sich hier niederzulassen, überaus hoch ist. Wer immer noch nicht glaubt, dass das rasante Bevölkerungswachstum in Afrika Wurzel der Armut ist, weil es jede Entwicklungs vereitelt, der will sich selbst belügen.

In dem vom Kabinett am 27. März 2019 verabschiedeten Papier "Fortschreibung und Weiterentwicklung der Afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung wird das unbestreitbare wichtigste Thema Familienplanung sehr kurz mit Allgemeinplätzen abgehandelt:"Die demografische Entwicklung stellt in vielen Ländern eine große Herausforderung für das Bemühen dar, die Entwicklungs- und Wohlstandsgewinne zu erhalten. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es verstärkter Anstrengungen in Schlüsselbereichen sie sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte, Bildung und soziale Sicherung." Da hätte ich gerne gewusst wie diese Anstrengungen der Bundesregierung aussehen.

Politischer und karitativer Showbusiness

Nur der politische und karitative Showbusiness kann Entwicklungshilfe noch als Erfolg verkaufen. Die Helfer leiden unter einem unglaublichen Vertrauensverlust. Es geht fast immer um handfeste Interessen und natürlich um Steuer-und/oder Spendengelder. Weil es keine rechtlich eigenständige Aufsicht und Qualitätskontrolle gibt lebt die Entwicklungshilfeindustrie prächtig von ihrem grandiosen Misserfolg. Seit Jahrzehnten wird bei den meisten Projekten überwiegend die Selbstevaluierung praktiziert. 2012 wurde dann das Deutsche Evaluierungsinstitut DEval geschaffen. Es hatte allerdings einen entscheidenden Geburtsfehler. Es ist abhängig vom Geldgeber . Unter dem Druck des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist keine Unabhängigkeit erlaubt. Der ehemalige Geschäftsführer Prof. Helmut Asche, wurde 2014 entlassen. Es wurden ihm Dokumente vorenthalten die für die Evaluierungen wesentlich gewesen wäre. Der Sprecher für Entwicklungspolitik der Grünen, Uwe Kekeritz erklärte: „ Das unabhängige Evaluierungsinstitut ist dem Entwicklungsminister seit seinem Amtsantritt ein Dorn im Auge. Man könne mit dem Geld Sinnvolleres machen, so Gerd Müller bei seinem ersten Besuch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.“

Es gibt zu wenig externe Evaluierung, und damit ist den geschönten Beurteilungen Tür und Tor geöffnet. Die Kontrollierten finden immer Wege, damit die Fortführung des Projekts nicht gefährdet wird und es bei entwicklungspolitisch nicht sinnvollen Dauersubventionen bleibt.Wenn wir daran nichts ändern, bestätigen wir den kritischen Afrikanern erhobenen Vorwurf, dass wir nichts ändern wollen, weil zu viele "Helfer" davon profitieren. Viele Helfer leben abgeschottet von der Armut in einer Art Parallelgesellschaft.
Die ehemalige österreichische Europaabgeordnete Claudia Schmidt (ÖVP) kritisierte immer wieder die schlechte Verwendung von EU-Entwicklungshilfegeldern in der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern."Nur aus Angst, als Entwicklungshilfegegner dazustehen, können und dürfen wir hier nicht nachsichtig sein", betont Schmidt. Sie kritisiert beispielsweise, dass im Rahmen der EU-Hilfe bei der Reform des kongolesischen Justizsystems Gebäude saniert oder errichtet wurden, die nun leer stehen und verfallen, weil die kongolesische Regierung nicht für die Instandhaltung sorgt beziehungsweise den Richtern die Reisekosten zu abgelegenen Gerichtsgebäuden nicht erstattet."Mit EU-Geldern sind im Kongo auch Gefangenentransporter gekauft worden, die aber gar nicht in Betrieb sind, weil die Regierung nicht für den Treibstoff aufkommen möchte", kritisiert Schmidt.

Immer mehr Afrikaner fühlen sich als Opfer der westlichen Entwicklungshilfe. Es wird angeführt, dass Entwicklungsländer der Welt, die der westlichen Entwicklungshilfe entkommen konnten, wohlhabend wurden. Das mag überspitzt sein, aber manche Länder sind nach über 50 Jahren Hilfe ärmer als vorher. Die Länder, die am meisten bekamen geht es heute am schlechtesten.

Besser wäre es zu fragen, was die Menschen in Afrika selbst für sich tun könnten. Wenn wir die Armutsbekämpfung ernst nehmen muss Druck auf verantwortungslose, bestechliche Regierungen und Eliten ausgeübt werden.Seit 1986 wird z.B. Uganda von Yoweri Kaguta Museveni regiert. Museweni (ein Hirstensohn vom der Ethnie der Hima) ist einer jener afrikanischen Herrscher, die nur schwer von der Macht lassen können. 1986 eroberte er mit seinen Rebellen Uganda und rief sich zum Präsidenten aus. Er versprach seinerzeit die Amtsgeschäfte rechtzeitig zu übergeben. "AFRIKAS PROBLEM SIND POLITIKER, DIE NICHT VON DER MACHT LASSEN KÖNNEN", sagte er damals. Heute 2019 regiert er immer noch. Zweimal ließ er deshalb die Verfassung ändern. Im Umgang mit diesen Leuten sind unsere Politiker zu naiv. Autokratische Herrscher müssen in Berlin nicht befürchten, wegen demokratischer Versäumnisse kritisiert zu werden.

Unser naives, schwärmerisches Vertrauen sollte durch eine nüchterne Haltung ersetzt werden. Entwicklungshilfe sollte künftig die Leistungsfähigkeit der Partner voll ausschöpfen. Es muss künftig transparenter ausgewiesen werden wo und vor allem wie diese Mittel konkret eingesetzt wurden (möglichst öffentlich im Internet) und vor allem, was erreicht wurde. Allerdings haben weder die Helfer noch die Empfänger der Hilfe ein Interesse daran auch Fehler einzugestehen. Außerdem gibt es Länder wie den Kongo (Kinshasa), Kamerun, wo Hilfe unter den gegenwärtigen Bedingungen ziemlich hoffnungslos ist.

Zu lange hat das BMZ keine oder nur unzureichende Rechenschaft über seine Erfolge oder Misserfolge abgelegt. Bei keinem mir bekannten Projekt wurden bereits zu Beginn klare Ausstiegsszenarien definiert und die Regierung des Gastlandes zur entschlosseneren Umsetzung der Reformen und zu verstärkter Eigenleistung gedrängt. Es geht nicht darum, möglichst viele der afrikanischen Länder zu unterstützen. Es ist besser, wenn wir wenige Partnerschaften eingehen und diese dann aber kontinuierlich pflegen. Entwicklungshilfe sollte nicht ohne grundsätzliche Zielvereinbarungen - wie selbsttragende Entwicklung , hoher Stellenwert der Familienplanung, elementarer Menschenrechtsschutz - gezahlt werden. Investitionen in Familienplanung sind für eine nachhaltige Entwicklung entscheidend. Frauen müssen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, wann und wie viele Kinder sie haben möchten.

Gleichberechtigte Geschäftsbeziehung sinnvoller als Entwicklungshilfe

Europa täte gut daran, sein Verhältnis zu Afrika grundsätzlich zu überdenken. Gleichberechtigte Geschäftsbeziehungen sind sinnvoller als die heutige Form der Entwicklungshilfe. Richtige Entwicklungspolitik wäre die Vergabe günstiger Kredite für private Firmen.Die effizienteste Hilfe ist sind Bildungs- und Wirtschaftsförderungen. Ein größerer Teil der jährlich über 10 Milliarden Euro deutscher Hilfe (rund 6,3 waren es noch im letzten Amtsjahr seines Vorgängers Dirk Niebel) könnte in Risikokapital umgewandelt werden. Solche Summen könnten in weniger entwickelten Ländern durchaus viel bewegen. Die Mittel sollten aber fokussierter, effizienter und damit auch für mehr Nutzen für Deutschland ausgegeben werden. Eine stärkere Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft schafft Arbeitsplätze, hält gut nicht nur ausgebildete Fachkräfte im Land und ermöglicht den Menschen vor Ort eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen.

Mit Hilfe bei der Aufstellung von Businessplänen konnte freies Unternehmertum gefördert und damit Arbeitsplätze geschaffen werden. Mit Krediten konnten dann beispielsweise Konserven-, Zement, Fruchtsaftfabriken ode Kondomfabriken errichtet werden. Das wurde die Menschen eher aus der Armut befreien. Es gibt junge Unternehmer in Afrika mit Kreativität, Enthusiasmus, Pionier- und Unternehmergeist. Es sind hauptsächlich sie, die die Wirtschaft und mit ihr die Entwicklung ihres Landes vorwärtsbringen, oft wohl auch trotz der fehlenden staatlichen Unterstützung in Form von guter Bürokratie und Infrastruktur. Die Privatwirtschaft ist die treibende interne Kraft. Die sollten wir unterstützen. Afrikanische Autokraten dürfen nicht mehr unterstützt werden. Sie sind der Ursprung aller Not der Bevölkerung. Wären diese Staaten einigermaßen demokratisch gäbe es weniger Wirtschaftsflüchtlinge von politischen ganz zu schweigen.

Die Gutmeinenden sollten sich von den romantischen Vorstellungen, die sie mit der Entwicklungshilfe verbinden verabschieden. Es reicht nicht Brunnen zu bauen, Schulen zu bauen. Derartige Projekte werden nach wenigen Jahren beendet, ohne dass damit eine dauerhafte Verbesserung der Lage für die Begünstigten verbunden wäre. Die wirklich Bedürftigen oft gar nicht erreicht.