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Beitrag vom 04.08.2013

Braunschweiger Zeitung

"Afrika ist zu viel mehr fähig"

Staaten wie das ostafrikanische Ruanda streben Wachstum und Wohlstand an. Der Schlüssel zum Erfolg ist Bildung.

Von Andreas Schweiger

Afrika, der vergessene Kontinent, wird nach Einschätzung von Experten nicht nur als Tourismus-, sondern vor allem auch als Wirtschaftsstandort stark an Bedeutung gewinnen. Das ist insbesondere für Unternehmen interessant, die bestrebt sind, neue Absatzmärkte zu erschließen. So hat zum Beispiel VW bereits angekündigt, die erstarkenden afrikanischen Märkte keinesfalls den Wettbewerbern überlassen zu wollen.

Der ostafrikanische Staat Ruanda könnte nach Einschätzung des Braunschweigers Lars Person eine tragende Rolle übernehmen, wenn es darum geht, ein neues Bild Afrikas zu entwerfen. Person arbeitet in Braunschweig als selbstständiger Versicherungsmakler, berät und begleitet aber auch Unternehmen, die in Afrika und insbesondere in Ruanda investieren wollen.

Bislang war Ruanda vor allem wegen seiner Berggorillas und in den 90er Jahren wegen des Bürgerkriegs und Völkermords bekanntgeworden. Noch immer leben viele der mehr als 10 Millionen Einwohner des Landes in großer Armut. "Aber es gibt eine enorme Aufbruchstimmung", sagt Person. Das liege einerseits daran, dass das Land seit Jahren politisch stabil ist. Zwar sei das politische System noch nicht mit europäischen Demokratien vergleichbar, Präsident und Parlament werden aber gewählt.

Andererseits setze die Regierung stark auf das Thema Bildung. "Es gibt Schulpflicht, fast alle Kinder sprechen Englisch. Bildung und Arbeit können den Kreislauf aus Ausbeutung und Gewalt in Afrika durchbrechen", sagt Person. Wie Christine Nkulikiyinka, die Botschafterin Ruandas in Deutschland, sagt, beträgt die Einschulungsquote in ihrem Land 95 Prozent. "Das ist eine gute Voraussetzung für Investitionen", sagt sie unserer Zeitung.

Interessiert sei das Land vor allem an Unternehmen, die in Infrastruktur, das Gesundheits- und Bildungswesen, die Erschließung von Rohstoffen, den Tourismus, die Lebensmittelverarbeitung und in Informationstechnologie investieren wollen, sagte sie.

Als Gegenleistung könnten Unternehmen Steuerbefreiung sowie zinsfreie Kredite über jeweils zwei Jahre erwarten. "Und wir sind ein fast korruptionsfreies Land." Die Anstrengungen zeigen inzwischen Erfolge. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes lag das Wirtschaftswachstum in Ruanda im vergangenen Jahr bei knapp 8 Prozent.

Eine führende Position strebt Ruanda auch in der Film- und Fernsehbranche an. Die Vision sei, in Kigali ein zentralafrikanisches Hollywood aufzubauen, sagt der Branchenfachmann Martin Brandes. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit berät der gebürtige Helmstedter die Regierung beim Aufbau des ruandischen Filminstituts und bei der Ausbildung von Kameraleuten und Filmtechnikern.

Wie Botschafterin Christine Nkulikiyinka weiter ausführt, kommen inzwischen Delegationen anderer afrikanischer Staaten nach Ruanda, um sich das dortige Modell zur Entwicklung des Staates anzusehen. "Wir sind das Musterbeispiel für ein neues Afrika. Afrika ist zu viel mehr fähig", sagt sie. Auch Person spricht von einem gewandelten Selbstbild in vielen afrikanischen Ländern. "Die Afrikaner wollen keine Almosen mehr, sondern Investitionen, die die Grundlage für nachhaltiges Wachstum und nachhaltigen Wohlstand schaffen."Dabei seien deutsche Unternehmen besonders gern gesehen. "Sie haben in Afrika den besten Ruf", sagt er.