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Thunfisch-Skandal

Mosambik
NZZ Schuldspruch im Thunfisch-Skandal von Moçambique CS-Mitarbeiter halfen mit, Milliardenkredite zu organisieren, die durch nicht deklarierte Staatsgarantien gedeckt waren Samuel Misteli, Nairobi Moçambique, eines der ärmsten Länder der Welt, hat in den vergangenen Wochen mehrere juristische Erfolge erzielt bei der Aufarbeitung eines der grössten Korruptionsskandale, die in Afrika je bekanntgeworden sind. Bei den sogenannten «Thunfisch-Anleihen» ging es um Kredite in der Höhe von zwei Milliarden Dollar, an denen sich die mosambikanische Elite, europäische Banker und Geschäftsleute im Nahen Osten bereicherten. Die Hälfte der Kredite hatten Banker der Credit Suisse organisiert – unter Umgehung von Kontrollregeln. Am Donnerstag hat nun eine Jury in New York den ehemaligen mosambikanischen Finanzminister Manuel Chang wegen Überweisungsbetrugs und Geldwäscherei schuldig gesprochen. Chang habe Bestechungsgelder in der Höhe von sieben Millionen Dollar entgegengenommen und sich an einem «massiven internationalen Betrug» beteiligt. Ende Juli bereits hat ein britisches Gericht Moçambique 825 Millionen Dollar Schadenersatz in einem Prozess gegen Privinvest zugesprochen, ein in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Libanon ansässiges Schiffsbauunternehmen. Privinvest, das dem vor wenigen Monaten verstorbenen französisch-libanesischen Milliardär Iskandar Safa gehörte, soll die Fäden im Thunfisch-Skandal gezogen haben. Mit den beiden Gerichtsentscheiden schreitet die juristische Aufarbeitung eines grossen Skandals voran, der juristische Verfahren auf drei Kontinenten ausgelöst hatte. Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte 2020 ein Verfahren eröffnet. 35 unbrauchbare Fischerboote Die Saga um die Thunfisch-Kredite begann 2013, als Banker der Credit Suisse und der russischen Bank VTB die ersten Anleihen organisierten. Diese waren durch nicht deklarierte Staatsgarantien gedeckt, Moçambiques damalige Regierung verheimlichte diese vor dem Parlament und dem Internationalen Währungsfonds (IMF). Formell sollten die Kredite dazu dienen, dass der Schiffsbauer Privinvest Moçambique mit einer Flotte für den Thunfischfang und Booten für verbesserten Küstenschutz belieferte. Tatsächlich aber schöpften Privinvest, mosambikanische Politiker und beteiligte Banker Millionen ab. Moçambique erhielt zwar 35 Fischerboote und ein halbes Dutzend Militärboote, diese wurden aber zu teuer in Rechnung gestellt und waren unbrauchbar. Mehr als eine halbe Milliarde Dollar der Anleihen verschwanden spurlos. Als der Skandal 2016 aufflog, stellten Geldgeber wie der IMF und die Weltbank ihre Zahlungen an Moçambique ein. Auch die Schweiz setzte Hilfszahlungen aus. Moçambique stürzte in eine Schuldenkrise, 2017 war das Land zahlungsunfähig. Die Folgen für die Bevölkerung des 30-Millionen-Einwohner-Landes waren verheerend. Die Staatsausgaben sanken um rund die Hälfte. Das Bildungs- und Gesundheitswesen war besonders stark davon betroffen. Laut einer 2021 veröffentlichten Untersuchung rutschten zwischen 2016 und 2019 fast zwei Millionen Mosambikanerinnen und Mosambikaner in die Armut ab. Zum Zeitpunkt des Skandals war Moçambique eigentlich ein aufsteigender Stern unter Afrikas Volkswirtschaften. 2010 hatte der amerikanische Energiekonzern Anadarko riesige Gasvorkommen vor Moçambiques Küste gefunden. Dank ihnen wurde Moçambique, das nach der Unabhängigkeit 1975 von einem langen Bürgerkrieg verwüstet worden war, ein sagenhaftes Wirtschaftswachstum prophezeit. Moçambiques Potenzial erleichterte es den Bankern der CS und der VTB, die Kredite zu organisieren. Der Skandal ruinierte den Aufschwung – Moçambique hat sich bis heute nicht davon erholt. Das Land gehört zu den am höchsten verschuldeten in Afrika. Schuld von sich gewiesen Im Zuge des Skandals geriet die Credit Suisse ins Visier der Justiz. Drei ehemalige Banker wurden verhaftet. Sie bekannten sich 2019 vor einem New Yorker Gericht schuldig – zwei wegen Geldwäscherei, der dritte wegen Überweisungsbetrugs. Im Oktober 2023 stimmte die UBS, in der die CS inzwischen aufgegangen war, kurz vor Beginn eines Prozesses in London einem Vergleich mit der mosambikanischen Regierung zu. Der Vergleich tilgte mehr als eine halbe Milliarde Dollar der Schulden, die Moçambique bei der CS hatte. Bereits 2021 hatte die CS 475 Millionen Dollar an Bussen bezahlt und Moçambique einen Teil der Schulden erlassen. Die zum Zeitpunkt des Skandals vom CEO Tidjane Thiam angeführte Konzernleitung hatte versucht, die Verantwortung für die Moçambique-Affäre auf ein paar wenige Mitarbeiter in London zu schieben, die die internen Kontrollen ausgehebelt hätten. Viele sahen in der Affäre aber ein besonders drastisches Beispiel für eine fahrlässige Risikokultur bei der CS, die wesentlich zum Untergang der Bank beitrug. Die britische Finanzmarktaufsicht sagte 2021, die Bank habe es versäumt, die Gefahr von kriminellen Handlungen in ihren Geschäften in neuen Märkten zu kontrollieren. Dies trotz Informationen, dass Bestechungszahlungen verbunden mit Regierungsprojekten wahrscheinlich gewesen seien.