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Korruption in Afrika

Afrika
Neue Zürcher Zeitung Der Druck zum Plündern David Signer ⋅ Die stellvertretende Kommunikationsministerin Ghanas, Victoria Hammah, ist letzte Woche entlassen worden, weil sie angeblich geäussert hatte, sie wolle so lange in der Politik bleiben, bis sie eine Million Dollar auf der Seite habe. «Wenn du Geld hast, kannst du die Leute kontrollieren», sagte sie in einer Aufnahme, die im Internet zirkulierte. Es heisst, Hammah habe eine Schlüsselrolle bei der Wahl im letzten Jahr gespielt, die Johan Mahama als Präsidenten von Ghana bestätigte, einem Land, das gerne als Vorzeigebeispiel für ein modernes Afrika dient. So weit nichts Neues unter der Sonne. Bei aller Empörung könnte man der Frau immerhin zugute halten, dass sie ehrlicher war als andere. Tiefer blicken lässt, dass die ehemalige Fernsehmoderatorin schon vor ein paar Monaten gestanden hatte, es laste ein grosser Druck auf ihr, öffentliche Gelder zu entwenden, weil die Leute dächten, als Ministerin sei sie schliesslich reich. Diese Forderungen ihr gegenüber seien widerlich, sagte sie, und: «Korrupte Politiker sind der Spiegel einer korrupten Gesellschaft.» Hier trifft sie in der Tat einen wunden Punkt. In den afrikanischen Gesellschaften wird Solidarität grossgeschrieben. Besonders innerhalb der Verwandtschaft wird von denjenigen, denen es besser geht, erwartet, dass sie die andern unterstützen. Und weil die «Verwandtschaft» umso weiter reicht, je mehr zu holen ist, ist eigentlich nie genug da, um alle Begehrlichkeiten zu stillen. So umfasst die «Solidargemeinschaft» bald einmal nicht nur den eigenen Clan, sondern die eigene Stadt, die Ethnie, die ganze Region. Diejenigen, die es zu etwas gebracht haben, werden zum Patron (oder zur Matrone) und müssen für ihre Klientel sorgen. All diese Bittsteller wissen durchaus, wie sie den «Ernährern» das Leben zur Hölle machen können, falls sie zu kurz kommen (und nach ihrem Gefühl kommen sie fast immer zu kurz). Insofern hat Victoria Hammah recht: Es ist zu einfach, nur die Geldgier, den Nepotismus und die Korruption der Mächtigen anzuklagen. Hinter ihnen werden tausend Hände ausgestreckt, die sich jederzeit zu Fäusten ballen können.