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Mugabes Witwe darf angehäufte Reichtümer behalten

Simbabwe
FAZ Es bleibt in der Familie Die Witwe von Robert Mugabe darf die Reichtümer behalten, die ihr Mann als Präsident von Zimbabwe angehäuft hat. Für die Bürger wird die Lage immer ernster. Von Thilo Thielke Nur eine konnte in Zimbabwe zuletzt triumphieren. Rund zwei Wochen nach dem Tod des sozialistischen Diktators Robert Mugabe erhielt seine Frau Grace die Zusage der Regierung, dass sie all die Reichtümer behalten darf, die der Despot während seiner fast 28 Jahre währenden Herrschaft angehäuft hatte. Unter anderem ging es um die Luxusresidenz der Familie in Borrowdale, einem vornehmen Stadtteil in der Hauptstadt Harare. Diese verfügt über 25 Zimmer, soll umgerechnet rund fünf Millionen Euro wert sein und befindet sich noch im Besitz der seit 1980 herrschenden Partei „Afrikanische Nationalunion von Zimbabwe – Patriotische Front“ (Zanu-PF). Nun soll das Anwesen in den Besitz der Hinterbliebenen jenes Mannes übergehen, der sich mal „Comrade Bob“ und mal „ein Hitler dieser Zeit“ nannte – und unter dessen Führung das Land den wirtschaftlichen Ruin erlitt. „Die Eigentumsurkunde wird demnächst auf den Namen der Familie umgeschrieben“, erklärte der für Verwaltungsfragen zuständige Parteisekretär Obert Mpofu. Zimbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa habe „der Familie zugesichert, dass sie ihre Besitztümer behalten wird“. Und das sind nicht wenige. Neben der Luxusvilla, die der markanten Farbe ihres Daches wegen auch „Blue Roof“ genannt wird, handelt es sich um allerlei Ländereien und Bargeld. So soll die Familie Mugabe insgesamt 14 Agrarbetriebe mit einer Fläche von mehr als 16000 Hektar und ein Auslandsvermögen von rund einer Milliarde Dollar angehäuft haben. Die Bauernhöfe gehörten einst weißen Landwirten, die von Mugabe vertrieben wurden. Neben diesen Schätzen sicherte Zimbabwes amtierender Herrscher Mnangagwa der Familie des verstorbenen Robert Mugabe Straffreiheit zu. Zudem soll Mugabe, dem gläubigen Maoisten, auf dem sogenannten Heldenacker ein Mausoleum errichtet werden. „Heroes Acre“ ist eine Gedenkstätte, die mit Hilfe nordkoreanischer Architekten kurz nach der Unabhängigkeit am Stadtrand von Harare errichtet wurde. Einen Monat sollen die Arbeiten an der Gruft dauern, so lange bleibt Mugabes Leichnam bei der Familie. Emmerson Mnangagwa und Robert Mugabe waren einst Gefährten im Kampf gegen die weiße Regierung des Premierministers Ian Smith. Auch nach der Unabhängigkeit und der Umbenennung Rhodesiens in Zimbabwe stand Mnangagwa lange Zeit in Diensten Mugabes – unter anderem als Geheimdienstchef, Justizminister und Vizepräsident. Erst als Mugabes Ehefrau Grace, 40 Jahre jünger als der Despot und dessen ehemalige Sekretärin, selbst nach der Macht griff und ihren Mann an der Spitze des Staates beerben wollte, brach Mnangwagwa mit Mugabe. Im November 2017 putschte das Militär und machte Mnangwagwa zum Präsidenten. Seitdem sah der entmachtete Mugabe seinem Ende entgegen, während seine Familie um ihre Privilegien bangte. Als „Gucci Grace“ und „Grabbin’ Grace“ wird Mugabes Witwe wegen ihres Hangs zu kostspieligen Einkaufsbummeln verspottet. Auch der gemeinsame Sohn Robert Junior zeigt sich gern in der Öffentlichkeit mit Champagner, exklusiven Uhren und teuren Autos. Nachdem es der junge Mann, der gern Maßanzüge und Krokodilleder-Stiefeletten trägt, einmal allzu zu weit getrieben hatte, wurde er von der Familie nach Dubai geschickt – in eine Zehnzimmervilla in den noblen Emirates-Hills, deren geschätzte Monatsmiete 500000 Dollar beträgt. Als Mugabe Anfang September im Alter von 95 Jahren starb, begann hinter den Kulissen das Geschacher – mit einem glücklichen Ausgang für die Mugabe-Familie. Erst nachdem die Regierung auf alle ihre Forderungen eingegangen war, genehmigten die Mugabes die feierliche Bestattung ihres verstorbenen Patriarchen auf dem sozialistischen Heldenfriedhof. Bei der Bevölkerung wird sich Mnangagwa damit nicht beliebt machen. Schon bei der offiziellen Trauerfeier, die zu Ehren Mugabes kürzlich im Nationalstadion in Harare abgehalten wurde, blieben die Ränge weitgehend leer. Die Zimbabwer quälen andere Sorgen: Das Pro- Kopf-Einkommen in dem Land liegt bei 130 Euro im Monat, die Arbeitslosigkeit soll 80 Prozent betragen. Die aktuelle Inflation wird von dem amerikanischen Ökonomen Steve Hanke auf 851 Prozent pro Jahr geschätzt. Längst hat der amerikanische Dollar die einheimische Währung als Zahlungsmittel abgelöst. Doch die meisten Geschäfte sind leer. Vor allem mangelt es an Grundnahrungsmitteln. Benzin ist fast unerschwinglich. Mit mehr als 3,30 Dollar pro Liter sind die Spritpreise in Zimbabwe so hoch wie sonst nirgends auf der Welt. Hinzu kamen zuletzt die Launen der Natur: Zunächst blieben die Regenfälle aus, später fegte der Zyklon Idai über die Region. Als Folge konnte in diesem Jahr nur halb so viel Mais geerntet werden wie im Jahr zuvor. Die Regierung hat deshalb nun den nationalen Notstand ausgerufen. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) spricht von „der schlimmsten Hungerkrise in Zimbabwes Geschichte“ und schätzt, dass schon bald mehr als die Hälfte der rund 16 Millionen Zimbabwer von Nahrungsmittelhilfe abhängig sein könnten. Hungersnöte plagen das Land seit mindestens zwei Jahrzehnten. Doch während zu früheren Zeiten überwiegend die Landbevölkerung betroffen war, trifft es nun auch die Städter. Der WFP-Landesdirektor für Zimbabwe, Eddie Rowe, schätzt, dass derzeit mindestens drei Millionen Stadtbewohner hungern. Der Bedarf des Landes wird einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge auf rund eine Million Tonnen Mais geschätzt. 1700 Tonnen wurden am vergangenen Freitag per Eisenbahn aus Tansania auf den Weg gebracht; insgesamt will das Land 700000 Tonnen liefern.