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Mon, 19 Nov 2018 - 23:42

Elke Zarth, Ségou, Mali
seit 25 Jahren in Mali
Posting

zum Artikel in Neues „Die Handyhacker von Bamako“ vom 17.11.
Momentan führt das Internet auf der Hitliste der Entwicklungsmotoren
für Afrika. Es bietet unbestritten viele Möglichkeiten für Handel, Dienstleistungen, Verwaltung und vieles mehr – für Leute mit entsprechendem Knowhow und nachhaltigen Konzepten. Dass dadurch, wie im Artikel beschrieben, einige Brikolagejobs entstehen, die weder fundiertes Wissen noch großen Aufwand an Infrastruktur benötigen, kann vorübergehend vielleicht einen trüben Lichtschein auf die Misere werfen: letztlich ist es eine weitere Art der Müllentsorgung in Drittweltländer, die zudem dazu führt, dass Urheberrechte und Gesetze unterlaufen werden. Das Gros der billig wieder hergestellten Smartophones (nur einfach telefonieren will kein Mensch mehr) landet in Händen der armen Bevölkerungsschichten mit wenig Knowhow und ohne neue Geschäfts-Konzepte und so dürften auch die Internetinhalte aussehen, die damit noch konsumiert werden können. Wenn mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Analphabeten sind, wird es vielleicht zu mehr Kommunikation führen, aber schwerlich zu gewinnbringender Nutzung von Netzwerkvorteilen. Zudem ist Internet teuer: in Mali kosten 100MB 250CFA/40 Cent (bei einem durchschnittlichem Einkommen von 1,60€/Tag) und sind nur einen Tag lang abrufbar. Guthabenaufladung ab einer Höhe von 10MB für 6,6 Cent verleiten auch die Ärmsten dazu, sich ein solches Statussymbol anzuschaffen und die Anbieter bombardieren ihre Kundschaft mit Powermarketingstrategien, die regelmäßig das Netz lahmlegen. Gebiete, die keinen entsprechenden Absatz garantieren, werden nicht angeschlossen, wovon immer noch weite Teile der Bevölkerung betroffen sind. Statistik und Anbieterinfos verschleiern, dass viele Anschlüsse, wenn überhaupt, längst nicht die Leistung bringen, die sie versprechen.
Man sollte zudem nicht vergessen, dass auch weniger konstruktive Inhalte transportiert werden, wie es der IS beispielsweise seit vielen Jahren sehr erfolgreich tut. Junge Leute sind durch den Mangel an Bildung überaus anfällig für jede Art von Manipulation, wie sie im Internet nur so wimmelt. Sie können häufig nicht unterscheiden, was wahr oder falsch ist und glauben, was sie vorfinden. Die meiste Online- und immer mehr Tages- und Arbeitszeit geht auf soziale Netzwerke, Musik und Spiele… eine Entwicklung, deren Konsequenzen wir in Europa längst beobachten können.
Die von Minister Müller angefeuerte Internetkampagne sollte deshalb den Bildungsaspekt sehr ernst nehmen und überdenken, welche Maßnahmen diesbezüglich in das Konzept mit aufgenommen werden müssen.